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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).

© dpa/Britta Pedersen

Finanzminister setzt Kabinett unter Druck: Lindner schließt Kürzungen im Etat nicht aus

Der FDP-Chef will spätestens 2024 eine „Zeitenwende in der Finanzpolitik“ und weg von einem expansiven Ausgabenkurs. Er plädiert für Stabilität und Verlässlichkeit

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht angesichts höherer Zinsen und der massiven Unterstützungsprogramme der Bundesregierung in diesem und im kommenden Jahr für das Jahr 2024 keine zusätzlichen Haushaltsspielräume mehr.

Zum Auftakt der Etatgespräche mit den Ressorts hat er daher am Dienstag einen Brief an die anderen Ministerien gerichtet, in dem er auch Kürzungen in den Einzelplänen des Etats nicht mehr ausschließt. Jedes Ressort sei daher aufgefordert, „bereits frühzeitig die entsprechenden Umschichtungspotenziale seiner Ausgaben zu ermitteln“, heißt es in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Die Beratungen für den neuen Bundeshaushalt beginnen innerhalb der Regierung üblicherweise am Anfang des Vorjahres. Die Eckpunkte des Etats für 2024 werden dann vom Kabinett im März beschlossen. Damit wird der eigentliche Regierungsbeschluss vorgezeichnet, der dann im Juli in den Bundestag eingebracht wird. Das Parlament beschließt den Etat dann endgültig Ende November.  

Neue Grundlage der Finanzplanung

Sparappelle der Finanzminister sind zu Beginn dieses Verfahrens nicht ungewöhnlich. Damit sollen die die Wünsche der Ressortminister eingedämmt werden, die in aller Regel deutlich über den erwartbaren Rahmen hinausgehen.  Allerdings macht Lindner in seinem Brief deutlich, dass er von einem „grundlegend veränderten makroökonomischen Umfeld“ ausgeht. Im Klartext bedeutet das, dass der Finanzminister der bisherigen Finanzplanung (sie reicht bis 2027) quasi die Grundlage entzieht und dem Kabinett damit seine Meinung verdeutlicht, dass die Koalition sich auf eine neue mittelfristige Planung einstellen muss.

Ausdrücklich verweist Lindner auf die hohe Inflation und die damit verbundenen höheren Zinsen. Zwar sind seiner Meinung nach die hohen Ausgaben und die damit verbundene erhöhte Schuldenquote von 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts durch die „Phase der akuten Krise“ im Zusammenhang mit Pandemie und Ukraine-Krieg gerechtfertigt gewesen. Doch nun müsse die Regierung ab 2024 „auch die Zeitenwende in der Finanzpolitik konsequent umsetzen“.

Lindner betont vor allem, dass ein weiterer expansiver Ausgabenkurs des Bundes der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zuwiderlaufen würde. Diese dürfe aber nicht „konterkariert“ werden. „Es gilt zu einer Ausrichtung der Finanzpolitik zu kommen, die keinen zusätzlichen Aufwärtsdruck auf die Inflation ausübt“, schreibt Lindner. Seine Zielvorgaben sind die Einhaltung der Schuldenbremse auch 2024, die „Reduktion“ des Haushaltsdefizits und „der Aufbau fiskalischer Puffer“, also von Rücklagen. Hintergrund dürfte hier auch sein, dass die Koalitionsfraktionen die von Lindner angelegten Puffer im Etat 2023 in den Beratungen im Parlament teils aufgelöst und in Ausgaben umgewandelt haben.

Lindner hebt in seinem Brief auch auf eine Vorbildrolle Deutschlands ab: „Es muss unser Ziel sein, dass die deutsche Finanzpolitik angesichts steigender Zinsen auch langfristig tragfähig ist und weiterhin weltweit und vor allem im Euroraum für Stabilität und Verlässlichkeit steht.“

Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg sagte, es sei „eigentlich begrüßenswert“, dass Christian Lindner sich nun endlich darauf besinnt, dass laut Koalitionsvertrag „alle Ausgaben auf den Prüfstand gestellt“ werden sollten, „nachdem die Ampel bereits zwei Haushalte verabschiedet hat und in diesen nicht ansatzweise wirkliche Einsparungen festzustellen waren“. Lindner habe im gerade abgelaufenen Jahr Rekordschulden auf Vorrat an der Schuldenbremse vorbei angesammelt. Damit habe er nun erheblichen selbst geschaffenen Ausgabenspielraum. „Da mutet das Aufschwingen zum Sparminister schon etwas albern an“, sagte Middelberg dem Tagesspiegel.

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