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Lissaboner Vertrag: Europäische Routenplaner

Die EU-Außenminister wollen die Iren nicht in die Ecke stellen – und suchen nach Wegen, um doch ein „Ja“ aus Dublin zu bekommen. Den Ratifizierungsprozess in den anderen Ländern wollen sie derweil fortsetzen.

Nach dem Schock des gescheiterten Referendums in Irland will die EU keine Zeit verlieren, sondern energisch und zügig die Vertragskrise überwinden. „Denkpausen“ und Stillstand werde man sich dieses mal nicht leisten können, waren sich die EU-Außenminister am Montag einig. Beim EU-Außenministerrat in Luxemburg zeichnete sich ab, dass sich eine klare Mehrheit der EU-Mitglieder der Forderung der deutschen und französischen Regierung anschließt, die Ratifizierungen des Lissabonner Grundlagenvertrags fortzusetzen.

18 Parlamente der EU-Mitgliedstaaten haben den neuen EU-Vertrag schon gebilligt. Belgien, Spanien und auch andere Staaten, deren Ratifizierung noch aussteht, haben bestätigt, dass sie den Ratifizierungsprozess schnell abschließen wollen. Auch die britische Regierung hat angekündigt, dass sie trotz des irischen Neins in der nächsten Woche dem Parlament den Lissabonner Vertrag zur Ratifizierung vorlegen werde. In der tschechischen Regierung sei die interne Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen, heißt es in Luxemburg. „Wir werden gemeinsam mit den Iren einen Ausweg suchen“, erklärte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Montag. Von seinem am Wochenende geäußerten Vorschlag, Irland zeitweise vom Integrationsprozess der EU abzukoppeln, war in Luxemburg nicht mehr die Rede. Mehrere Außenminister warnten davor, Irland in der Krise zu isolieren. „Wir dürfen die Iren nicht in die Ecke stellen“, warnte die österreichische Außenministerin Ursula Plasnik. Irland, das sich seit dem Beitritt zur EU vom armen Agrarland in eines der wohlhabendsten EU-Mitgliedsländer entwickelt habe, sei geradezu ein Erfolgsbeispiel für die EU.

Am Montag ließen sich die EU-Außenminister von ihrem irischen Amtskollegen Michaél Martin über die vermutlichen Ursachen des irischen Neins unterrichten. Die irische Regierung unterstrich, dass das Nein zum Lissabon-Vertrag nicht ein Nein zu Europa bedeute. Irland wolle auch in Zukunft seine Rolle als gleichberechtigtes Mitglied der EU spielen. Obgleich der irische Regierungschef Brian Cowen in den Tagen vor dem Referendum erklärt hatte, bei einem Scheitern werde es kein zweites Referendum geben, schließt er inzwischen einen zweiten Anlauf nicht mehr aus.

Im Kreis der Außenminister begann man am Montag darüber nachzudenken, welche Zugeständnisse oder Garantien man den Iren in Form von Zusatzprotokollen anbieten könne, um ihre Zustimmung zum Lissabon-Vertrag zu bekommen. Spielräume bieten sich vor allem in der Außenpolitik an. Das neutrale Irland könnte sich seine Sonderrolle in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik noch einmal nachdrücklich bestätigen lassen.

Allerdings scheint die Haltung des luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean Claude Juncker bei den Partnern immer mehr Zustimmung zu finden. Er hatte gefordert, die Staats- und Regierungschefs sollten keine Zeit mehr damit verschwenden, den in sieben Jahren mühsam erarbeiteten Vertrag neu zu verhandeln.

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