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Die Flucht übers Mittelmeer endet für viele Menschen mit dem Tod.

© dpa

Europäische Union und die Flüchtlinge: 10.000 Tote seit 2014 im Mittelmeer

Die Zahlen werden immer dramatischer: Mehr als 10.000 Menschen sind seit 2014 auf ihrer Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrunken. Die EU will gegensteuern.

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10.000 Flüchtlinge sind seit 2014 im Mittelmeer ertrunken. Das teilte das UN- Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Dienstag in Genf mit. Den Angaben zufolge ist die Zahl der ums Leben gekommenen Flüchtlinge in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen. 2014 bezahlten einem UNHCR-Sprecher zufolge 3500 Menschen die Flucht über das Mittelmeer vor Gewalt oder Elend mit dem Leben. Vergangenes Jahr waren es 3771 und seit Beginn 2016 schon 2814. Die Zahl sei "schrecklich", sagte der Sprecher.

Während die Zahl der Toten im Mittelmeer hochschnellt, schaffen es seit März nur noch vergleichsweise wenige Flüchtlinge nach Deutschland. Im Mai wurden ähnlich wie im Vormonat rund 16.000 Neuzugänge registriert, wie das Bundesinnenministerium in Berlin mitteilte.

Europaweit bleiben die Flüchtlingszahlen trotz des Deals der Europäischen Union mit der Türkei hoch. Von Januar bis Ende Mai sind rund 200.000 Flüchtlinge und Migranten über das Mittelmeer in die EU gekommen. 150.000 landeten in Griechenland, 50.000 gingen in Italien an Land.

Die EU-Kommission reagiert darauf. Sie legte am Dienstag in Straßburg ein Paket vor, das die illegale Einwanderung eindämmen, aber auch legale Zuwanderung nach Europa ermöglichen soll.

Die eine Säule sind strategische Partnerschaften mit Ländern, aus denen viele Zuwanderer kommen. Mit diesen überwiegend afrikanischen Ländern will Brüssel Partnerschaften eingehen. Kommissionsvize Frans Timmermans sagte: "Die EU muss mit Drittstaaten zusammenarbeiten, um das Sterben im Mittelmeer zu beenden und Ordnung in die Migrationsströme zu bringen." Nach dem Modell des Türkei-Deals sollen nun maßgeschneiderte Lösungen für die Zusammenarbeit mit Ländern wie Niger, Nigeria, Senegal, Mali und Äthiopien gefunden werden. Auch mit Tunesien und Libyen wolle man besser ins Geschäft kommen. Im Vorderen Orient hat die EU Jordanien und Libanon im Blick.

Menschenhändlern das Handwerk legen

Bei den Abkommen geht es zunächst einmal darum, den Menschenhändlern das Handwerk zu legen. Die Zahl der Rückführungen illegaler Zuwanderer in ihre Heimatländer soll erhöht werden. Hintergrund ist, dass 2014 nur 40 Prozent der ausgewiesenen Zuwanderer tatsächlich auch die EU verlassen haben. Nach dem Vorbild vom Niger, wo die EU Ende vergangenen Jahres ein Migrationszentrum aufgebaut hat, sollen in anderen afrikanischen Ländern Anlaufstellen entstehen. Dort werden die Menschen auch über die Gefahren einer illegalen Einreise aufgeklärt.

Die EU verspricht den Partnerländern bei einer Kooperation Geld. Für kurzfristige Hilfe will die EU eine Milliarde Euro bereitstellen, wobei die Mitgliedsländer davon die Hälfte aufzubringen haben. Mittelfristig sollen dann Programme aufgelegt werden, die die Wirtschaft in den afrikanischen Staaten ankurbeln.Über die Europäische Investitionsbank (EIB) sollen für Afrika 3,1 Milliarden Euro als Kreditgarantien für Unternehmen bereitstehen. So sollen Investitionen von insgesamt 31 Milliarden Euro angeschoben werden.

Die zweite Säule der EU-Initiative ist, Europa attraktiver für Spitzenkräfte aus anderen Teilen der Welt zu machen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass die seit 2009 existierende Blue Card, die Talenten den Weg nach Europa ebnen soll, nicht erfolgreich war. Nur rund 30 Prozent der hoch qualifizierten Zuwanderer in OECD-Länder zieht es in die EU. Eigentlich hat die Blue Card nur in Deutschland funktioniert. 90 Prozent aller Blue Cards, die seit 2012 vergeben wurden, haben Hochqualifizierten eine Arbeitsgenehmigung in Deutschland verschafft. Während in Deutschland 2014 immerhin 12.108 Blue Cards ausgestellt wurden, kamen die Niederlande auf keine einzige. Im Vorjahr waren es dort auch nur drei. Die Hürden und bürokratischen Auflagen sollen nun deutlich gesenkt werden.

Blue Card attraktiver machen

Bisher musste der Bewerber ein Jobangebot zum anderthalbfachen Durchschnittslohn des Mitgliedslandes nachweisen. Künftig soll es den nationalen Regierungen frei gestellt werden, die Lohnschwelle selbst zu bestimmen. Vorgeschlagen wird eine Spanne zwischen dem Durchschnittslohn und dem 1,4-fachen davon. Bislang musste der angebotene Arbeitsvertrag mindestens zwölf Monate laufen, künftig sollen sechs Monate ausreichen. Auch das ist neu: Künftig sollen sich auch Flüchtlinge, die den internationalen Schutz genießen, für eine Blue Card bewerben können. Der Familienzuzug wird deutlich erleichtert. Partner und Kinder dürfen ab dem ersten Tag mit dem Besitzer der Blue Card einreisen. Auch die bürokratischen Auflagen werden entschlackt: Das Verfahren zur Genehmigung soll von derzeit 90 Tagen auf 60 Tage verkürzt werden. Bei Unternehmen, die bei den Behörden bekannt sind, soll es sogar noch schneller gehen. 

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