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In vielen Städten drohten Fahrverbote.

© Martin Gerten/dpa

EU zu Stickoxid-Grenzwerten: Deutsche Städte könnten auf manche Fahrverbote verzichten

Die EU erlaubt Deutschland eine Überschreitung von Stickoxid-Grenzwerten. Es drohen nun weniger Diesel-Fahrverbote. Berlin erwägt andere Maßnahmen.

Die EU-Kommission kommt der Bundesregierung im Streit um Grenzwerte und Diesel-Fahrverbote entgegen. Die Kommission beschloss am Mittwoch, dass sie keine Einwände gegen die Pläne der Koalition hat, großzügiger bei der Überschreitung des Grenzwertes für Stickoxid vorzugehen. Davon könnte auch Berlin profitieren, wo das Verwaltungsgericht Fahrverbote erlaubt hatte.

Union und SPD sind sich einig, dass erst ab einer Belastung der Luft im Jahresmittel von 50 Mikrogramm Stickoxid Fahrverbote verhältnismäßig sein sollen. Die EU-Luftreinhaltungsrichtlinie sieht einen Grenzwert von 40 Mikrogramm vor.

Die Koalition will das entsprechende Gesetz in den nächsten Wochen in Bundestag und Bundesrat beschließen lassen. Damit ist klar, dass die Chancen von Umweltverbänden sinken werden, bei geringfügiger Überschreitung der Grenzwerte gerichtlich Fahrverbote zu erwirken.

Für die bereits bestehenden Fahrverbote hat die geplante Gesetzesänderung zwar keine Auswirkung. Doch die Liste der Städte, in denen Fahrverbote drohen, wird damit kleiner: Das Umweltbundesamt hatte jüngst eine Bilanz der Grenzwert-Überschreitung im Jahr 2018 herausgegeben.

26 deutsche Städte sind unmittelbar betroffen

Demnach war die Stickoxid-Konzentration in 36 Städten im Jahresmittel so hoch, dass dort Fahrverbote drohen. Für 26 dieser Städte, die 2018 Werte zwischen 40 und 50 Mikrogramm hatten, gibt es nun unmittelbar Hoffnung. Dazu zählen Berlin, Hannover, Mainz, Frankfurt am Main, Essen, Aachen, Osnabrück, Augsburg, Leverkusen und Leipzig.

Die EU-Kommission stellte klar, dass sie mit der Entscheidung nicht grünes Licht für die einseitige Erhöhung der Grenzwerte in Deutschland gibt. Eine Sprecherin sagte: „Das ist falsch. Der Grenzwert ist EU-weit verbindlich. Daran wird nicht gerüttelt.“

Wie die einzelnen Länder diesen Grenzwert erreichen, sei die alleinige Entscheidung eines jeden Landes. Das Erlassen von Fahrverboten etwa läge nur in der Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten. Die Kommission habe lediglich keine Einwände dagegen geltend gemacht, dass Deutschland das Immissionsschutzgesetz dahingehend ändert, dass künftig erst ab Jahresmittelwerten von 50 Mikrogramm Stickoxid Fahrverbote verhältnismäßig sind.

An sechs Berliner Messstationen Fahrverbote unvermeidlich

Für Berlin gilt nach Angaben der Verkehrsverwaltung auch angesichts des Signals aus Brüssel weiter, dass Fahrverbote nicht ausgeschlossen werden können: „Der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bleibt ja verbindlich“, sagte ein Sprecher von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). An sechs von 16 Berliner Messstationen liege die Belastung teils deutlich über 50 Mikrogramm. Dort seien Fahrverbote auch bei der neu bewerteten Verhältnismäßigkeit unvermeidlich.

Für die anderen Stellen, an denen der Grenzwert weniger stark überschritten wird, sei ein Verzicht auf Fahrverbote denkbar, „aber dann muss man andere Stellschrauben anziehen, um die 40 Mikrogramm zu erreichen“, etwa durch Tempolimits und emissionsärmeren Verkehr. Akut ändere sich für Berlin nichts. Fahrverbote seien weiter das letzte Mittel – „so wenige wie möglich, aber so viele wie nötig“.

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