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Das Braunkohlekraftwerk des polnischen Energiekonzerns PGE in Bogatynia.

© imago/photothek

EU-Klimagesetz: Kommission lässt Ländern wie Polen mehr Zeit

EU-Länder wie Polen bekommen zusätzliche Zeit, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Das geht aus dem EU-Klimagesetz hervor.

Im Klimagesetz der EU-Kommission, das am morgigen Mittwoch präsentiert wird, ist festgehalten, dass die EU bis 2050 klimaneutral werden muss. Aber die mittelfristigen Pläne bis 2030 lassen Europa wenig Zeit, um sich auf den UN-Klimagipfel im kommenden November vorzubereiten. Zwölf EU-Mitgliedstaaten drängen nun auf einen beschleunigten Ablauf.

Laut dem geleakten Klimagesetz der EU-Kommission müssen die Treibhausgasemissionen deutlich reduziert werden, damit Wälder, Feuchtgebiete und Technologien die Treibhausgase, die bis Mitte des Jahrhunderts noch in die Atmosphäre freigesetzt werden, absorbieren können. „Die EU-weiten Emissionen und der Abbau von Treibhausgasen, der im Unionsrecht festgelegt ist, müssen spätestens bis 2050 ausgeglichen sein,“ heißt es in dem Dokument. Hinzugefügt wird auch, dass „nach diesem Datum der Abbau von Treibhausgasen die Emissionen übersteigen muss“.

Das Netto-Null-Emissionsziel für 2050 galt schon seit Langem als Dreh- und Angelpunkt der EU-Klimagesetzgebung. Wichtig ist im aktuellen Entwurf, dass die Kommission nun von einem EU-weiten Ziel ausgeht und nicht von einzelnen, länderbezogenen Zielen. Das bedeutet, dass einigen EU-Ländern wie Polen, die stark von der Kohle abhängig sind, zusätzliche Zeit eingeräumt wird, um das Ziel später als 2050 zu erreichen, während andere Staaten wie Finnland bereits signalisiert haben, dass sie (teils deutlich) früher klimaneutral werden können.

Polen hatte sich auf dem letzten EU-Gipfel Ende des vergangenen Jahres geweigert, das Ziel der Klimaneutralität zu unterschreiben. Warschau beharrte darauf, dass das Zieljahr 2050 für seine stark kohleabhängige Wirtschaft zu früh sei. Österreich, Finnland und Schweden haben sich unterdessen allesamt verpflichtet, die Zielvorgabe noch vor dem Jahr 2050 zu erreichen und somit zu CO2-Senken zu werden.

Der nun vorgeschlagene Ansatz wird auch von Umweltschutzverbänden akzeptiert. Diese erkennen an, dass einige Länder mehr Zeit brauchen werden, um die Anforderungen zu erfüllen. „Verschiedene Länder haben unterschiedliche Ausgangspunkte, aber das Endziel Netto-Null muss für alle gleich sein,“ so der Greenpeace-Aktivist Sebastian Mang.

Weniger Zustimmung gibt es hingegen mit Blick auf das mittelfristige Ziel 2030: „Das Rennen dorthin muss jetzt beginnen. Das bedeutet einen klaren Weg mit einem Ziel für 2030“, forderte Mang.

[Erschienen bei EurActiv. Der Tagesspiegel und das europapolitische Onlinemagazin EurActiv kooperieren miteinander. Bearbeitet von Frédéric Simon und Tim Steins. Übersetzung: Tim Steins.]

Das geplante Klimagesetz enthält jedoch keinen Vorschlag für eine Erhöhung des Gesamtemissionsziels der EU bis zum Jahr 2030. Vielmehr verpflichtet der Text die Kommission, das derzeitige 40-Prozent-Ziel lediglich „ab September 2020“ auf möglicherweise 50 oder 55 Prozent zu erhöhen.

Umweltschützer kritisieren das Klimagesetz als „leere Hülle“

Eine vollständige Überprüfung der Gesetzgebung – inklusive der Richtlinien für erneuerbare Energien und Energieeffizienz – soll erst bis Juni 2021 erfolgen. Umweltschützer sehen dies als zu spät an; einige kritisierten das Klimagesetz deshalb schon jetzt als „enttäuschend“, „inhaltsleer“ oder als „leere Hülle“.

Deutschland hat sein Klimapaket verabschiedet, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen. Doch der geplante Preis auf CO2 ist dafür viel zu niedrig, bemängeln Kritiker. Darüber hinaus gibt es auch Druck von einigen Nationalstaaten. Zwölf EU-Länder fordern schnellere und ambitioniertere Maßnahmen: Österreich, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Slowenien, Spanien und Schweden.

In einem Schreiben an Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans fordern diese Staaten die Kommission auf, stattdessen bis spätestens Juni ein Ziel für 2030 vorzuschlagen. Insbesondere der EU-China-Gipfel im September und der UN-Klimagipfel im November sollten als entscheidende Meilensteine angesehen werden. „Mit einem rechtzeitig verstärkten NDC [national festgelegten Beitrag zu den Klimamaßnahmen] kann die EU mit gutem Beispiel vorangehen und dazu beitragen, eine internationale Dynamik zu schaffen, die alle Parteien brauchen, um ihre Ambitionen zu erhöhen,“ heißt es in dem heute von den zwölf Klima- und Umweltministern versendeten Schreiben.

Sam Morgan

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