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Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Partei Die Linke im Karl-Liebknecht Haus in Berlin.

© Imago/Fotostand/Reuhl

Update

„Es ist feige zu gehen“: Linken-Chef will Bundestagsfraktion möglichst erhalten

Wagenknecht und ihre neun Mitstreiter*innen werden die Linke verlassen. Streit gibt es nun um ihre Mandate im Bundestag, denn ohne sie wäre die Linkspartei zu klein, um als Fraktion zu bestehen.

| Update:

Die Linke versucht nach Angaben von Parteichef Martin Schirdewan, ihre Bundestagsfraktion zumindest übergangsweise zu erhalten. Nach dem Parteiaustritt von zehn Abgeordneten um die frühere Fraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte Schirdewan am Montag erneut, diese müssten ihre Mandate abgeben. Andernfalls wäre dies ein „höchst unmoralischer Diebstahl“ der Sitze und die Partei werde sie „notfalls einklagen“.

Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch bestätigte den Parteiaustritt von zehn Abgeordneten und nannte den Schritt „unverantwortlich und inakzeptabel“. Linken-Politiker Gregor Gysi bezeichnete den Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und ihre Ankündigung einer Parteineugründung als feige.

„Es ist feige zu gehen, wenn eine Partei in der Existenzkrise ist“, sagt Gysi dem „SPIEGEL“. Würden die Abgeordneten, die aus der Linken austreten, ihr Mandat behalten wollen, „handeln (sie) unmoralisch“. Die Dinge, die sie an der Linken kritisierten, hätten sie alle schon bei ihrer Kandidatur um das Mandat auszusetzen gehabt.

»Wer so unmoralisch agiert gleich am Anfang, wird die Zweifel an der Moral nicht mehr wegbekommen«, sagte Gysi weiter. Er wirft ihnen vor, aus zwei Gründen die Mandate behalten zu wollen: um leichter eine neue Partei aufbauen zu können und um ihre Diäten zu behalten. Von seiner eigenen Partei fordert Gysi, sich neu aufzustellen. „Wir müssen als Linke neu starten und uns auf das Wesentliche konzentrieren, wieder näher an die Arbeitnehmerschaft, die Angestellten und Gewerkschaften.

Wagenknecht und ihre Unterstützer hatten am Montag die Gründung einer eigenen Partei für Anfang 2024 und den Austritt aus der Linken bestätigt. Verlassen sie mit ihren Mandaten die Fraktion von derzeit 38 Abgeordneten, wäre diese zu klein und könnte nur noch als Gruppe weitermachen. Diese bekäme im Parlament weniger Rechte und weniger Geld, so dass Mitarbeiter entlassen werden müssten.

Wenn andere Linken-Politiker in den Bundestag nachrücken könnten, ließe sich die Existenz der Fraktion sichern. Bis zur Parteigründung im Januar will die Zehner-Gruppe um Wagenknecht aber erst einmal Teil der Linksfraktion bleiben. Die Fraktion werde darüber „souverän und in großer Ruhe entscheiden“, erklärte Bartsch in Berlin.

Für die Linke ist das aus meiner Sicht vor allem eine Chance.

Sebastian Walter, Landeschef des Linken in Brandenburg

Brandenburgs Linke-Landeschef Sebastian Walter hat die Parteigründungspläne der Politikerin Sahra Wagenknecht als eine Möglichkeit für die Linke bewertet, ihr eigenes Profil wieder zu schärfen. Er sieht darin eine Chance für die Linke, „zu mehr Klarheit und einem wieder deutlich erkennbaren Profil als moderne sozialistische Partei für den Alltag zu kommen“, sagte Walter.

Immer mehr Menschen hätten Schwierigkeiten, ihre Rechnungen zu bezahlen. „Für diese Menschen sind und bleiben wir eine starke Stimme und die einzige verlässliche Partnerin“ so Walter weiter, der auch Fraktionschef im Landtag in Potsdam ist. Aus der Fraktion im brandenburgischen Landtag wird nach den Worten Walters keiner der zehn Abgeordneten zur Partei von Wagenknecht wechseln. 

Grünen-Chef zeigt sich reserviert

Grünen-Chef Omid Nouripour hat dagegen reserviert auf die Pläne der bisherigen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht zur Gründung einer eigenen Partei reagiert. „Zur Partei- und Vereinsgründung gibt es noch sehr viele offene Fragen“, sagte Nouripour am Montag in Berlin.

Wo die Reise des Bündnis hinginge, wie dessen Verfasstheit sein wird und welche Kraft diese Partei entwickeln könne, entscheidet sich nicht in Talkshows, sondern bei „Kärrnerarbeit“ vor Ort. „Und die würde ich gerne noch sehen. Die steht noch aus“, so Nouripour.

Bei der Pressekonferenz legten Wagenknecht und ihre Unterstützer ein Papier mit inhaltlichen Positionen zur Wirtschafts-, Sozial-, Außen-, Migrations- und Gesellschaftspolitik des kürzlich gegründeten Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht“ vor. Der Verein soll die Parteigründung, die für Januar geplant ist, vorbereiten und Spenden einsammeln. „Wir haben uns zur Gründung einer neuen Partei entschieden, weil wir überzeugt sind, so wie es derzeit läuft, darf es nicht weitergehen“, sagte die 54-Jährige.  (dpa, AFP, Tsp)

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