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Menschen demonstrieren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

© dpa/AP/Jean-Francois Badias

Update

Ist Klimaschutz ein Menschenrecht?: Schweiz zu schärferem Vorgehen gegen Klimawandel verurteilt

Schweizer Klimaschützerinnen erringen einen Sieg vor dem Menschenrechtsgerichtshof. Die Entscheidung könnte wegweisend sein. Zwei weitere Klimaklagen – eine auch gegen Deutschland – haben jedoch keinen Erfolg.

Klimaschützer haben mit einer ersten Klage für schärfere Maßnahmen gegen den Klimawandel vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Erfolg gehabt. Der mangelnde Klimaschutz der Schweiz habe die klagenden Seniorinnen in ihren Menschenrechten verletzt, entschieden die Richter am Dienstag.

Die Frauen seien in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben und in ihrem Recht auf ein faires Verfahren berührt worden. Das Urteil könnte ein Präzedenzfall für weitere Klimaklagen sein. Zweite weitere Klimaklagen aus Portugal und Frankreich jedoch blieben vor dem Gericht in Straßburg erfolglos.

Der Fall der Klimaseniorinnen war die erste Klimaklage überhaupt, die vor der Großen Kammer des EGMR angehört wurde. Der Zusammenschluss der Schweizer Rentnerinnen wurde initiiert und unterstützt von Greenpeace.

Die Seniorinnen argumentierten, dass sie durch ihr Alter besonders durch den Klimawandel gefährdet sind, beispielsweise wegen extremer Hitzewellen. Der Verein hat nach Angaben von Greenpeace über 2500 Mitglieder in der ganzen Schweiz mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren.

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Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Denn der EGMR hat sich zwar zuvor schon mit Umweltemissionen – wie Lärm oder Luftverschmutzung – auseinandergesetzt, aber noch nie mit den CO₂-Emissionen eines Landes. Zur Urteilsverkündung reisten mehrere Hundert Menschen an, auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Die Präsidentin des Europäischen Gerichtshofs, Siofra O'Leary, erklärte in ihrem Urteil, dass die Schweizer Regierung die Ziele zur Senkung der Treibhausgasemissionen nicht erreicht habe und dass es Lücken in ihrem nationalen Regelwerk gebe. „Es liegt auf der Hand, dass künftige Generationen die Folgen der derzeitigen Versäumnisse und Unterlassungen bei der Bekämpfung des Klimawandels immer stärker zu spüren bekommen werden“, sagte O'Leary.

Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin von „KlimaSeniorinnen Schweiz“, sagte, sie und ihre Mitstreiterinnen könnten das Ausmaß des Urteils noch nicht richtig begreifen. „Wir fragen unsere Anwälte immer wieder: Stimmt das? Und sie sagen uns, es ist das Maximum, das wir hätten erreichen können. Der größtmögliche Sieg.“

Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd äußerte sich in Wien bei einem Besuch bei ihrem österreichischen Amtskollegen zu dem Urteil. „Nachhaltigkeit ist für die Schweiz sehr wichtig, die Biodiversität ist für die Schweiz sehr wichtig, das Netto-Null-Ziel ist für die Schweiz sehr wichtig“, sagte Amherd. Daran arbeite die Regierung und werden dies auch weiterhin tun. Laut dem Schweizer Justizministerium, das die Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof vertritt, sei das Urteil endgültig und müsse umgesetzt werden. „Zusammen mit den betroffenen Behörden werden wir nun das umfangreiche Urteil analysieren und prüfen, welche Maßnahmen die Schweiz für die Zukunft ergreifen muss“, erklärte die Behörde.

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Das Urteil zur Schweiz weckt Erinnerungen an das des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland aus dem Jahr 2021 zur Klage von mehreren Jugendlichen. Sie hatten argumentiert, ihr Recht auf eine angemessene Zukunft werde durch unzureichende Anstrengungen Deutschlands beim Klimaschutz gefährdet. Das Gericht gab ihnen im Wesentlichen recht. Daraufhin änderte und verschärfte Deutschland sein Klimaschutzgesetz. 

Am selben Tag wie zur Schweiz wurden nun auch zwei weitere Urteile im Zusammenhang mit Klimaschutz gesprochen: Zu den Klagen eines französischen Bürgermeisters gegen sein Heimatland sowie von portugiesischen Jugendlichen gegen 32 europäische Staaten – darunter auch Deutschland. Beide wurden jedoch abgewiesen.

Dem französischen Politiker fehle die sogenannte Opfereigenschaft, also dass er besonders betroffen sei, so die Richter. Die Jugendlichen hätten sich unter anderem zuerst in Portugal durch die Instanzen klagen müssen, bevor sie den Gerichtshof in Straßburg anrufen.

Sofia Oliveira, eine der jugendlichen Klägerinnen, sagte nach dem Urteil, dass sie natürlich enttäuscht sei, aber der Sieg der Klimaseniorinnen ein Sieg für sie alle bedeute. (dpa, Reuters)

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