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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht während eines Landesparteitags der SPD Brandenburg.

© dpa/Sebastian Gollnow

„Eine Regierung, die nur noch taumelt“: Kritik an Ampel wächst – Scholz verspricht schnelle Lösungen

Söder geht den Finanzminister hart an. Und ein Grüner fordert, jetzt auch „soziale Projekte“ wie die Mütterrente oder die Rente mit 63 auf den Prüfstand zu stellen.

Von
  • Christoph Reichmuth
  • Katrin Schulze

Angesichts der Haushaltskrise sieht sich die Bundesregierung zunehmend Kritik ausgesetzt. „Wir haben keine Haushaltsnotlage, wir haben eine Notlage der Regierung“, sagte CSU-Chef Markus Söder am Samstag auf einer Delegiertenkonferenz zur Europawahl in Nürnberg. „Die Staatskrise ist eine hausgemachte, hier in Deutschland, wegen einer plan- und kopflosen Bundesregierung.“

Söder spielte auf ein mögliches Auseinanderbrechen der Koalition aus SPD, Grünen und FDP an: „Diese Regierung hat abgewirtschaftet. Im Grunde genommen haben wir eine Regierung, die nur noch taumelt. Und deswegen muss man jetzt abwarten, ob sie sich überhaupt wieder fangen kann, ob sie überhaupt noch stabil regieren kann.“

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Etatpolitik der Ampelkoalition für nichtig erklärt. Deswegen will die Regierung für dieses Jahr eine Ausnahmeregelung von der Schuldenbremse nutzen, wie Finanzminister Christian Lindner (FDP) ankündigte. Der CSU-Chef verlangte, trotz der für dieses Jahr geplanten Ausnahme grundsätzlich an der Schuldenbremse festzuhalten.

Auch die Jungen Liberalen forderten den Finanzminister dazu auf, die Schuldenbremse in den kommenden Jahren nicht auszusetzen. „Wir erwarten von Christian Lindner als FDP-Vorsitzendem ein klares Bekenntnis zur Einhaltung der Schuldenbremse in den Jahren 2024 und 2025“, teilte die Vorsitzende der FDP-Jugendorganisation, Franziska Brandmann, mit. Steuererhöhungen schlossen die Jungen Liberalen aus.

Grüner will auch soziale Projekte auf den Prüfstand stellen

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nannte die Diskussion um eine Reform der Schuldenbremse zur Lösung der Haushaltsprobleme eine „Scheindebatte“. Es gebe dafür offensichtlich keine verfassungsändernde Mehrheit.

Zugleich verteidigte er Finanzminister Lindner gegen Kritik, dieser habe keinen Plan B für den Fall präsentiert, dass das Bundesverfassungsgericht die Etatpolitik für rechtswidrig erklärt. „Bei solchen Dimensionen hat man keinen fertig ausgearbeiteten Plan B“, so Wissing. Man habe Plan A für rechtssicher gehalten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, den Haushalt jetzt schnell neu aufstellen zu wollen. „Wenn das Gericht gesprochen hat, geht es nur noch darum, dass man in die Umsetzung kommt“, sagte Scholz am Samstag in seiner Rede auf dem Parteitag der Brandenburger SPD in Schönefeld. Und dies solle schnell geschehen.

Die wichtigsten Ziele der Regierung blieben trotz der geänderten Rahmenbedingungen unverändert, sagte der Kanzler. „Wir werden die Ukraine weiter unterstützen. Wir werden alles dafür tun, um ökonomische Folgen aus dem Krieg abzufedern. Wir werden alles dafür tun, den Zusammenhalt im Land zu bewahren. Und das gilt auch für das große Projekt der industriellen Modernisierung in Deutschland.“

Wir werden alles dafür tun, um ökonomische Folgen aus dem Krieg abzufedern.

Olaf Scholz, Bundeskanzler, SPD

Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) schloss zur Lösung der Krise auch Einschnitte bei den Staatsausgaben nicht aus. „Wir haben vereinfacht gesagt viel Geld auf alle Probleme geschüttet und eine Anspruchshaltung in diesem Staat kultiviert“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Wir haben Bürgern und Unternehmen den Eindruck vermittelt: Wenn eine Krise kommt, dann muss der Staat alles kompensieren. Das ist ein Versprechen, das Politik nicht halten kann!“

Bayaz betonte, jetzt sei die „finanzpolitische Zeitenwende“ da. Krisen- und Handlungsfähigkeit wieder zu verinnerlichen, das sei der Auftrag dieser Regierung. Als Beispiel nannte er die Rentenpolitik. „Auch soziale Projekte wie die Rente mit 63 oder die Mütterrente sollten nicht in Stein gemeißelt sein“, sagte er. „Wir müssen uns ­fragen: Passen die noch in die Zeit?“

Derweil fordert die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, selbst Mitglied der Grünen, die Klimakrise angesichts des Milliardenlochs im Haushalt als Notlage einzustufen, um die Schuldenbremse zu umgehen. Das würde die Bundesregierung ermächtigen, zusätzliche Finanzmittel zu mobilisieren, sagte Neubauer der „Augsburger Allgemeinen“. (mit dpa)

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