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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schaffe es nicht, sich als Stabilitätsanker zu positionieren, sagt der Demoskop Manfred Güllner.

© / dpa/Michael Kappeler

Ein Jahr Regierung: Wähler stellen Ampel schlechtes Zeugnis aus

Umfragen zeigen eine große Unzufriedenheit mit der Arbeit der Ampel. Demoskopen erklären, woran das liegt.

Der Kanzler selbst zieht nach einem Jahr Ampel eine positive Bilanz - trotz aller Krisen. „Geprägt worden ist dieses Jahr von Russlands brutalem Krieg gegen die Ukraine“, sagte Olaf Scholz am Wochenende in seiner wöchentlichen Videobotschaft. Doch die Ampel habe an ihrer Aufgabe, den Zusammenhalt in Deutschland zu stärken ebenso festgehalten wie am Ziel der Klimaneutralität.

Doch auch wenn die Ampel zufrieden ist mit dem, was sie geschafft hat - viele Wähler sind es offenbar nicht, wie zwei Umfragen vom Wochenende zeigen. So ergab eine vom „Spiegel“ beim Meinungsforschungsinstitut Civey in Auftrag gegebene Erhebung, dass 61 Prozent der Menschen der Ampel ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Sie bewerteten die Arbeit der Regierung im ersten Jahr negativ. Nur 29 sahen sie demnach positiv.

Ins Auge fällt die unterschiedliche Bewertung nach Parteianhängerschaft. Unter den FDP-Wählern sind laut Umfrage nur 15 Prozent zufrieden. Unter den Anhängern von SPD und Grünen dagegen 71 beziehungsweise 67 Prozent. Zudem zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen Ost und West. Vor allem im Osten Deutschlands sind die Menschen laut der „Spiegel“-Erhebung enttäuscht von der Koalition.

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild am Sonntag“ zeichnete ein ähnliches Bild. 64 Prozent der Deutschen sind demnach mit der Regierung unzufrieden, gegenüber 36 Prozent vor einem Jahr.

„Zum Amtsantritt der selbst ernannten Fortschrittskoalition gab es ein großes Wohlwollen. Doch es hat sich relativ schnell Enttäuschung eingestellt“, sagt Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa. Der erste Knick sei schon vor dem Ukrainekrieg in Bezug auf die Coronapandemie gekommen. Die von der Ampel geplante Impfpflicht sei gescheitert, viele hätten keine „durchdachte Strategie“ erkennen können.

Zu Beginn des Ukrainekrieges sei Scholz’ „besonnenes Agieren zwar noch als positiv“ empfunden worden. Doch entscheidend für den Unmut in der Bevölkerung sei die Energiekrise. Die Gasumlage wurde angekündigt und wieder abgeräumt. Jetzt bekämen viele Menschen Preiserhöhungen von ihren Strom- oder Gasanbietern. Viele wüssten nicht, wie das mit den geplanten Entlastungen verrechnet werde, sagt Güllner.

Güllner kritisiert auch die Kommunikation von Kanzler Scholz. „Er sagt entweder nichts oder formuliert lange Sätze. Worte wie ,Doppelwumms’ werden von den Wählern als unangemessen empfunden.“ Anders als Alt-Kanzlerin Angela Merkel schaffe es Scholz nicht, sich als „Anker für Stabilität“ zu positionieren.

Hermann Binkert, der Chef des Instituts Insa, ist überzeugt, dass die Probleme auch dadurch entstehen, dass in der Ampel zwei mitte-links Parteien mit einer mitte-rechts Partei regieren. In Debatten wie um den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke wolle jede Partei ihre eigenen Wähler zufrieden stellen. „Am Ende gibt es einen Kompromiss, der alle enttäuscht.“

Demoskop Binkert beobachtet, dass zwar die Ankündigung der Entlastungen bei den Strom- und Gaspreisen die Bevölkerung etwas beruhigt habe. „Aber am Ende wird entscheidend sein, was bei den Leuten im Geldbeutel ankommt.“

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