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Armaturen am Astora Gasspeicher in Rehden.

© Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Update

Treffen der EU-Energieminister: Ein Gas-Sparzwang hilft nicht weiter

Russland könnte die Gaszufuhr kappen. Für diesen Notfall plant die EU-Kommission. Doch es gibt gute Gründe, wenn dabei nicht alle mitziehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Kann Deutschland im kommenden Herbst und Winter mit der Hilfe anderer EU-Partner beim Gas rechnen, falls Russlands Präsident Wladimir Putin die Lieferungen weiter so drosselt wie bisher? An diesem Dienstag steht die Solidarität innerhalb der EU beim Treffen der Energieminister in Brüssel wieder mal auf der Agenda – und dabei sieht es nicht gut aus.

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Wie kaum ein anderes EU-Land hat sich Deutschland beim Gas in eine verhängnisvolle Abhängigkeit von Russland begeben. Da nicht auszuschließen ist, dass Putin demnächst die Versorgung der Europäer ganz kappt, hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Notfallplan ersonnen, der vor allem Deutschland zugutekommen soll.

Ursprünglich sah ihr Plan vor, sämtliche EU-Staaten im Ernstfall dazu zu verpflichten, bis zum kommenden März den Gasverbrauch um 15 Prozent zu senken. Doch angesichts des Aufschreis in vielen Mitgliedsländern zeichnet sich ab, dass es etliche Ausnahmen geben wird. Das hat gute Gründe.

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Dass Ungarns Regierungschef Viktor Orbán als ewiger Quertreiber und Putin-Freund nichts vom europäischen Solidaritätsplan beim Gas halten würde, war klar. Aber es gibt auch ernst zu nehmende Bedenken aus Ländern wie Spanien. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass das Land, das sich anders als Deutschland weitgehend aus der Abhängigkeit vom russischen Gas befreit hat, den Notfallplan von der Leyens nicht unterstützt.

Zudem ist der Gasverbrauch in Spanien aufgrund der dortigen klimatischen Bedingungen und wegen des vergleichsweise niedrigen industriellen Bedarfs gering. Warum sollte die spanische Energieministerin Teresa Ribera also dem Brüsseler Plan zustimmen?

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Das Beispiel Spaniens zeigt auch, wie sehr – sollte Russland als Exporteur komplett ausfallen – ein gemeinsames Netz zur gemeinsamen Versorgung der EU-Staaten fehlt. Spanien verfügt kaum über Pipeline-Verbindungen in den Norden, dafür hat das Land aber, auch mit der Hilfe europäischer Subventionen, große Speicherkapazitäten für Flüssiggas angelegt. In Deutschland dagegen muss die Infrastruktur für den Import von Flüssiggas bekanntermaßen erst aufgebaut werden.

Das Beispiel Österreichs zeigt: Zunächst denkt jeder an sich

Pipeline-Verbindungen gibt es wiederum zwischen Österreich und Deutschland. Aber trotzdem hat die Wiener Energieministerin Leonore Gewessler schon mal vorsorglich angekündigt, einen Gasspeicher im österreichischen Haidach, der bislang für die Versorgung Bayerns von großer Bedeutung war, zugunsten ihrer heimischen Bevölkerung anzuzapfen.

Die Wiener Energieministerin Leonore Gewessler will den Gasspeicher im österreichischen Haidach anzapfen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Es droht sich ein krisenverschärfendes Muster nationaler Alleingänge zu wiederholen, das die EU schon zu Beginn der Corona-Pandemie wie einen Haufen kleingeistiger Egoisten aussehen ließ.

Kein allgemeiner Sparzwang - statt dessen wird gedealt

Die drohende Notlage lässt sich aber nicht durch einen Brüsseler Sparzwang abwenden. Das Problem ist, dass europäische Solidarität mal besser – wie bei der gemeinsamen Beschaffung von Corona-Impfstoffen – und mal schlechter funktioniert, so wie jetzt angesichts der absehbaren Gasknappheit im Winter. Es wird jetzt also wieder gedealt.

So wird man auch die plötzlich möglichen Zugeständnisse der Grünen in Sachen Streckbetrieb für Atomkraftwerke deuten dürfen. Demnach könnten deutsche Atomkraftwerke vorübergehend auch Frankreichs Strombedarf decken. Im Gegenzug könnte sich Paris gegenüber Berlin beim Ringen um Europas knappes Gas erkenntlich zeigen.

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