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Unionsfraktionschef Brinkhaus kommt bei den eigenen Leuten wegen seiner bodenständigen und rationalen Art an.

© Dorothee Barth/dpa

Ein Frontmann, der lieber schweigt: Wird Brinkhaus überraschender Kanzlerkandidat der Union?

Während Unionsabgeordnete ihren Chef Ralph Brinkhaus als Kanzlerkandidaten ins Spiel bringen, hält sich der 52-Jährige zurück. Es ist nicht das erste Mal.

Zwischen Ostern und Pfingsten will die Union die Frage klären, wer Kanzlerkandidat wird – der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) oder CSU-Chef Markus Söder. Nun haben Mitglieder der Unionsfraktion im Bundestag einen weiteren Namen ins Spiel gebracht – den des Fraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU).

So sagte etwa der schleswig-holsteinische CDU-Abgeordnete Michael von Abercron dem „Spiegel“, er halte Söder für eine gute Option. Aber auch Brinkhaus hätte seine volle Unterstützung, „wenn es tatsächlich zu einer Kandidatur kommen sollte“.

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Brinkhaus ist bei seinen Leuten in der Unionsfraktion beliebt – und wohl auch beliebter als Laschet. Wer sich in der Fraktion bei Abgeordneten, die nicht namentlich genannt werden wollen, umhört, bekommt zu hören, dass sich viele Brinkhaus sehr wohl als Kanzlerkandidaten vorstellen können, auch wenn sich der 52-Jährige selbst tunlichst dazu nicht äußert. Brinkhaus pflege eine klare Ansprache, man schätze seine Rationalität und Bodenständigkeit, heißt es beispielsweise.

2018 wurde Brinkhaus zum Fraktionschef gewählt, was damals eine faustdicke Überraschung war. Die Wahl, bei welcher der damalige Amtsinhaber Volker Kauder (CDU) unterlag, galt seinerzeit auch als konservative Ansage gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren stark auf die gemäßigte Mitte zielenden Kurs.

Heute, über zwei Jahre später, werden aber andere Dinge in der Fraktion positiv über ihn vermerkt. Dazu zählen eine größere Konfliktbereitschaft gegenüber einflussreichen Interessenvertretern aus der Landwirtschaft oder gegenüber der Mittelstandsvereinigung, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen sei.

Es brauchte lange bis zur Unterstützung für ein Lobbyregister

Zuletzt gelang es Brinkhaus, in der Maskenaffäre von Unionsabgeordneten die Reißleine zu ziehen und schärferen Regeln für Nebentätigkeiten den Weg zu bereiten. Allerdings dauerte es in der Ära des Fraktionschefs Brinkhaus sehr lange, bevor sich dieser für ein verpflichtendes Lobbyregister aussprach.

Dass es in der Unionsfraktion angesichts der schlechten Umfragewerten und des Umfrage-Vorsprungs von Söder vor Laschet gärt, ist leicht zu erklären. Ein schlechtes Wahlergebnis bei der Bundestagswahl in knapp sechs Monaten würde auch den Wiedereinzug vieler Abgeordneter in den Bundestag gefährden. Darauf gründet auch die offene Unterstützung etlicher Unionsabgeordneter – vorwiegend aus der zweiten Reihe – für Söder. Oder eben für Brinkhaus.

CDU-Chef Armin Laschet hat über die Ostertage nachgedacht. Herausgekommen ist ein "Brücken-Lockdown".
CDU-Chef Armin Laschet hat über die Ostertage nachgedacht. Herausgekommen ist ein "Brücken-Lockdown".

© dpa/ Federico Gambarini

Unionsfraktionsvize Katja Leikert hält indes nichts davon, Laschet zu demontieren. „Ich würde die Aufrechterhaltung eines innerparteilichen Dauerwahlkampfs für hochproblematisch halten“, sagte sie dem Tagesspiegel. Die CDU solle zu ihrer Entscheidung über den Parteivorsitz stehen, die beim Parteitag im Januar getroffen wurde, fügte sie hinzu. Damals setzte sich Laschet gegen seine Mitbewerber Norbert Röttgen und Friedrich Merz durch.

Und wer Parteichef ist, hat nach der vorherrschenden Lesart Zugriff auf die Kanzlerkandidatur. Damit Söder Kanzlerkandidat wird, müssten ihm schon Laschet selbst oder zumindest eine Reihe führender CDU-Leute die Kanzlerkandidatur zwischen Ostern und Pfingsten antragen.

Bekanntheitsgrad des 52-Jährigen lässt zu wünschen übrig

Ob es Brinkhaus gelingen könnte, aus dem Rennen zwischen Söder und Laschet als lachender Dritter hervorzugehen, ist nach gegenwärtigem Stand zumindest zweifelhaft. Auch Unionsabgeordnete, die ihn für durchaus Kanzler-tauglich halten, geben zu bedenken, dass Brinkhaus in der breiteren Bevölkerung eher unbekannt ist.

In Berlin ist hingegen längst aufgefallen, dass Brinkhaus vor allem durch seine Reden im Bundestag eine eigene Marke gesetzt hat. Es wäre aber falsch, ihn als parlamentarischen Widerpart zu Merkel zu bezeichnen. So pflichtete er Ende März nach der Regierungserklärung der Kanzlerin vor einem EU-Videogipfel dem Kurs der Regierungschefin ausdrücklich bei. Die Corona-Pandemie lasse sich aufgrund der grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten und der zahlreichen Landgrenzen Deutschlands nur auf europäischer Ebene in den Griff bekommen, betonte Brinkhaus.

[Wir müssen deutlich unter 100.000 Toten bleiben“. Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Karl Lauterbach. T+]

Es ist nicht das erste Mal, dass der Fraktionschef wegen seines beherzten Auftretens bei manchen die Frage aufwirft, ob er nicht der bessere Kandidat sei. Nach einer Rede im Bundestag, in der er im vergangenen Oktober das Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung verteidigte, brachte ihn der Thüringer CDU-Landeschef Christian Hirte als möglichen Kandidaten für den CDU-Vorsitz ins Spiel. Doch Brinkhaus warf seinen Hut nicht in den Ring.

Laschet hat derweil damit zu kämpfen, dass es ihm immer noch nicht gelungen ist, den negativen Trend in den Umfragen zu brechen.

Laut dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend von infratest dimap sind inzwischen 54 Prozent der Bundesbürger und damit drei Prozentpunkte mehr als Mitte März der Ansicht, dass Söder ein guter Kanzlerkandidat wäre. Für Laschet sprachen sich hingegen nur 19 Prozent der Befragten aus.

Dabei gibt es auch andere Zahlen, die eher für Laschet sprechen. Nach den Angaben des Robert-Koch-Instituts liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in Nordrhein-Westfalen derzeit bei 128. Bayern bekommt die Pandemie etwas schlechter in den Griff. Hier liegt der Wert bei 137.

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