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Großbritannien: Ein Blick ins Kleingedruckte

Eigentlich wollten sich die britischen Konservativen diese Woche bei ihrem Parteitag in Manchester als "Regierung im Wartestand" präsentieren. Zum Auftakt stellten sie ein Programm vor, mit dem unter den insgesamt 2,6 Millionen als arbeitsunfähig gemeldeten Sozialhilfeempfängern schätzungsweise 400.000 Personen für den Arbeitsmarkt verfügbar gemacht werden sollen – Menschen, die ihre Arbeitsunfähigkeit nach Ansicht der Tories nur vortäuschen.

Eigentlich wollten sich die britischen Konservativen diese Woche bei ihrem Parteitag in Manchester als „Regierung im Wartestand“ präsentieren. Zum Auftakt stellten sie am Montag ein Programm vor, mit dem unter den insgesamt 2,6 Millionen als arbeitsunfähig gemeldeten Sozialhilfeempfängern schätzungsweise 400 000 Personen für den Arbeitsmarkt verfügbar gemacht werden sollen – Menschen, die ihre Arbeitsunfähigkeit nach Ansicht der Tories nur vortäuschen.

Die Konservativen wollen mit dem Programm das erreichen, woran die regierende Labour Party in mehreren Anläufen scheiterte. Federführend für die Pläne ist Labours ehemaliger Experte für den Wohlfahrtsstaat, der Ex-Banker David Freud, der aus Frustration direkt zu den Tories übergelaufen ist.

Doch nun droht die Europapolitik einen Strich durch die Parteitagsstrategie zu machen. Denn das „Ja“ der Iren zum Lissabon-Vertrag reißt bei den Konservativen alte Wunden auf. Die euroskeptische Basis der Konservativen fordert jetzt erst recht ein Referendum über den Vertrag, den die Briten allerdings bereits ratifiziert haben. Die Parteibasis will wissen, wie der Vorsitzende David Cameron sein Versprechen eines Lissabon-Referendums wahr machen will, wenn er nach dem erwarteten Wahlsieg im Mai 2010 Premierminister wird. Zu diesem Zeitpunkt dürfte der Vertrag aber längst von allen 27 EU-Staaten ratifiziert und damit rechtskräftig sein.

Cameron hat sich bei seiner Wahl zum Parteichef im Jahr 2005 auf einen klar euroskeptischen Kurs begeben. Sein damaliges Versprechen, die proeuropäische EVP-Fraktion im Europaparlament zu verlassen, ist inzwischen in die Tat umgesetzt und wurde in Paris und Berlin scharf kritisiert. Cameron und der konservative Außenexperte William Hague betonen allerdings auch, dass ein EU- Austritt für sie nicht infrage kommt. Cameron will sich nicht in ein Referendum drängen lassen, das von EU-Gegnern in eine Abstimmung umfunktioniert werden könnte, bei der es am Ende nur um die Frage ginge: Soll Großbritannien in der EU bleiben oder austreten? Der Parteichef der Konservativen teilt wohl auch die Meinung des ehemaligen Tory-Außenministers Malcolm Rifkind, dass ein Lissabon-Referendum nach der Ratifizierung des Vertrages „absurd“ wäre.

In einem BBC-Interview deutete Cameron an, wohin die Reise gehen dürfte. Er will Verhandlungen mit der EU über eine Rückübertragung bestimmter Brüsseler Kompetenzen an den britischen Nationalstaat – möglicherweise mit der Drohung eines Referendums als Druckmittel. Cameron nannte dabei auch die europäische Justiz- und Innenpolitik als einen möglichen Verhandlungsgegenstand. Er erinnerte an die Verhandlungen der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher über Großbritanniens Beitragszahlungen vor 25 Jahren. Auch damals hätten alle solche Verhandlungen für aussichtslos erklärt, erklärte Cameron. Thatcher erfocht damals bei frostigen Verhandlungen in Fontainebleau den berühmten „Britenrabatt“.

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