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Al-Qaida-Chef Aiman al-Sawahiri soll sich in Pakistan aufhalten.

© dpa

Drohnenangriffe und Festnahmen: Die alte Al Qaida existiert kaum noch

Viele hochrangige Mitglieder der Al Qaida wurden getötet - doch am Ende ist die Organisation noch lange nicht.

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Berlin - Der Aderlass ist gewaltig. Die Führung von Al Qaida ist durch gewaltsame Tode und Festnahmen derart ausgedünnt, dass sich die verbliebenen Mitglieder vermutlich an einem kleineren Tisch versammeln könnten. Erst am Montag musste die Terrororganisation wieder einen schweren Verlust hinnehmen. Beim Angriff einer US-Drohne starb die mutmaßliche Nummer 2, der Libyer Abu Jahja al Libi, in Nord-Wasiristan, der Terrorhochburg in den pakistanischen Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan. Der Tod der zentralen religiösen Autorität war der härteste Schlag, der Al Qaida traf, seit im Mai 2011 ein amerikanisches Kommando Osama bin Laden im pakistanischen Abbottabad erschoss. Dennoch betonen Terrorismusexperten innerhalb wie außerhalb der Behörden, Al Qaida sei noch lange nicht erledigt.

Ein Blick auf die Ausfälle, die Al Qaida verkraften muss, lässt allerdings eine beträchtliche Schwächung vor allem des Kerns der Organisation erkennen, der sich im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet aufhält. Nach dem Tod von bin Laden und al Libi bleibt als Anführer der Zentrale von Al Qaida nur noch der Ägypter Aiman al Sawahiri übrig. Sawahiri übernahm bin Ladens Position, doch er verfügt nicht über die Autorität des Gründers von Al Qaida. Viele Dschihadisten stünden der traditionellen ägyptischen Dominanz bei Al Qaida kritisch gegenüber, schreibt Guido Steinberg, Terrorismus-Fachmann der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, in einer im Mai publizierten Analyse. Steinberg hält darin Sawahiri für einen „wesentlich schwächeren Anführer als bin Laden“. Als Folge prophezeite Steinberg eine flachere Hierarchie und eine wichtigere Rolle für Abu Jahja al Libi. Doch der ist nun tot. Und die Liste der Ausfälle ist noch länger.

Bildergalerie: Osama bin Laden ist tot

Einige Beispiele. Im August 2011 starb bei der Attacke einer amerikanischen Drohne der Libyer Atiyah Abd al Rahman, der nach bin Ladens Tod auch als möglicher Nachfolger gehandelt worden war. Im Juni 2011 erwischte eine Drohne den Pakistaner Mohammed Ilyas Kashmiri, der wie Rahman auch Anschläge in Deutschland geplant haben soll. Kashmiri war zudem einer der Hintermänner des Terrorangriffs auf die indische Hafenmetropole Mumbai 2008.

Etwa ein Dutzend hochrangiger Führungsfiguren hat Al Qaida in den vergangenen Jahren bei Drohnenangriffen verloren. Weitere Spitzenleute befinden sich hinter Gittern. Ein herausragendes Beispiel ist Scheich Yunis al Mauretani, der im September 2011 in Pakistan festgenommen wurde und zuvor Terroristen nach Deutschland geschickt hatte. Außerdem wird offenbar im Iran der Ägypter Saif al Adel festgehalten, einst Militärchef bei Al Qaida und im Fall einer Freilassung vermutlich sofort einer der Stellvertreter von Anführer Sawahiri.

Wer nun Nachfolger des am Montag gestorbenen Abu Jahja al Libi wird, ist offen. Steinberg glaubt sogar, es sei schwierig für Kern-Al-Qaida, eine Struktur zu bewahren. Und Sawahiris Möglichkeiten seien begrenzt, sagte Steinberg jetzt dem Tagesspiegel. Der Experte vermutet, der Al-Qaida-Chef befinde sich in einer größeren pakistanischen Stadt und habe keinen direkten Kontakt zu Wasiristan. Außerdem nehme der Einfluss auf die Filialen von Al Qaida im Jemen, im Irak, in Nordafrika und Somalia weiter ab.

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