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Pro Asyl. Schon im Sommer hatte der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden in Deutschland viele Unterstützer.

© AFP

Deutschland und Edward Snowden: Diplomatisch verzwickt: Befragen? Und wenn ja, wie?

Wie soll Deutschland mit dem früheren US-Geheimdienstler Edward Snowden umgehen? Befragen wollen ihn Regierung und Opposition. Doch wie und wo das geschehen soll, ist strittig.

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Man kann nicht genau sagen, wer nun dafür und wer dagegen ist. Es stellt sich allein schon die Frage, wofür oder wogegen eigentlich. Seit der Grüne Hans-Christian Ströbele vergangene Woche nach Russland geflogen ist, um den Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden zu treffen, ist eine Debatte darüber entbrannt, wie mit dem Mann, der die Abhöraffäre um den amerikanischen Geheimdienst NSA ins Rollen gebracht hat, umzugehen ist.

Vor allem die Opposition setzt sich dafür ein, dass Snowden nach Deutschland kommt, hier Asyl erhält und aktiv zur Aufklärung beiträgt. Im letzten Punkt sind sich auch fast alle einig. Selbst in der CDU gibt es Stimmen, die eine Vernehmung Snowdens begrüßen würden. Doch das Problem steckt im Detail. Vor allem die CDU, allen voran Kanzlerin Angela Merkel, sorgt sich um das Bündnis zu den Vereinigten Staaten. „Das transatlantische Bündnis ist für uns Deutsche von überragender Bedeutung“, hob Regierungssprecher Steffen Seibert hervor. Kein Land habe so von dieser Partnerschaft profitiert wie Deutschland. „Das wird auch bei allen Entscheidungen in Zukunft die Bundeskanzlerin leiten.“ Die SPD, die etwas stärker an einer Vernehmung Snowdens interessiert ist, warnt auch vor einem Bruch des Bündnisses. Die Beziehungen zu den USA müssten intakt bleiben, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Für CDU und SPD wäre eine Vernehmung Snowdens in Russland ein guter Ausweg aus einer Zwickmühle, die auf und zu geht, weil man seine Informationen haben will, aber ihn selbst lieber in weiter Ferne weiß. Snowden selbst sieht eine Vernehmung in Russland aber kritisch. So hat es zumindest Ströbele vergangene Woche nach seinem Treffen berichtet. Snowden fürchtet wohl, dass dann offizielle Stellen über seinen Aufenthaltsort Bescheid wüssten – und damit über kurz oder lang auch die Amerikaner. Snowden würde sich in Deutschland äußern, allerdings nur, wenn für seine Sicherheit garantiert würde. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, einem Zeugen vor Gericht oder auch einem Zeugen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss „freies Geleit“ zu garantieren. Die Forderungen in Deutschland gehen aber weiter. Grüne und Linke fordern Asyl für Snowden. Das kann er nur auf deutschem Boden beantragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihm dies gewährt wird, ist gering. Einem Antrag wird in der Regel dann stattgegeben, wenn derjenige nachweisbar politisch verfolgt wird, Menschenrechtsverletzungen zu befürchten wären oder er Angst um sein Leben haben müsste.

Bisher sieht die Bundesregierung dafür keine Belege, auch wenn die USA noch einmal betont haben, dass Snwoden wegen Geheimnisverrat vor Gericht gestellt werden soll – als politische Verfolgung würde das nicht durchgehen. Die Bundesregierung könnte Snowden aber auch von sich aus ein Aufenthaltsrecht anbieten, wenn dies der „Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik“ dient. Die Genehmigung wäre zunächst befristet. Die Aufklärung der Spionageaffäre könnte ein „politisches Interesse der Bundesrepublik“ sein. Zwischen Deutschland und den USA gibt es zudem ein Auslieferungsabkommen. Würden die USA also ein Auslieferungsersuchen stellen, stünde Deutschland unter Druck. Das letzte Wort hätte das Bundesjustizministerium, von dem man jetzt noch nicht einmal weiß, wer es künftig leiten wird.

Aber auch innerhalb der Opposition ist man sich nicht ganz einig, zumindest was die Tonalität betrifft. In der Diskussion um den NSA-Skandal hat sich Linken-Fraktionschef Gregor Gysi immer um abgewogene Wortwahl bemüht. Sahra Wagenknecht, Gysis Stellvertreterin in der Fraktion, aber setzte jetzt deutlich eins drauf. In einem Gastbeitrag für die Zeitung „Neues Deutschland“ attackierte sie die USA scharf. Sie sprach von einem „Regime der Angst“. Wagenknecht forderte in dem Beitrag für die Linken-nahe Zeitung eine Neuordnung des Verhältnisses zwischen der Bundesrepublik und den USA. Die geheimdienstliche Zusammenarbeit zwischen den USA und Deutschland sei aufzukündigen. Zudem müsse die Bundesanwaltschaft strafrechtliche Ermittlungen gegen die für Spionage Verantwortlichen einleiten. Vor allem aber müsse es Konsequenzen für die militärische Zusammenarbeit geben. US-Einrichtungen wie die Militärbasis Ramstein und die US-Militärhauptquartiere in Stuttgart und Wiesbaden müssten geschlossen werden.

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