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Flugtaxis sind schön, aber ohne Infrastruktur geht nichts. Das sollte Dorothee Bär, die neue Staatsministerin für Digitalisierung eigentlich wissen.

© Christof Stache/AFP

Digitalisierung: Dorothee Bär kommt im Flugtaxi geflogen …

Die CSU-Politikerin liefert als Staatsministerin zum Start Visionen fürs Digitale – und muss sie nun umsetzen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sonja Álvarez

Noch vor Amtsantritt einen Trend auf Twitter zu setzen, ist eigentlich kein schlechter Start für eine Digitalministerin – doch hätte sich Dorothee Bär ihren Einstieg wohl anders vorgestellt: Spott und Häme erntete die CSU-Politikerin am Mittwoch in dem Kurznachrichtendienst für ihre Bemerkung im ZDF-„heute-journal“, dass Digitalisierung nicht allein auf den Ausbau schneller Internetverbindungen in Deutschland reduziert werden dürfe, sondern auch an visionäre Ideen gedacht werden müsse, beispielsweise an: Flugtaxis.

Verständlich, dass solche Ideen auf wenig Verständnis stoßen, wenn schon die Hauptstadt so viele Funklöcher aufweist wie ein Schweizer Käse, im Nachbarland Brandenburg rund 23 300 Gegenden ohne Empfang gemeldet sind und es in anderen ländlichen Regionen noch schlechter aussieht – das weiß Bär selbst nur zu gut.

Vier Jahre ist sie jetzt Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gewesen und mitverantwortlich dafür, dass Deutschland in Sachen schnelles Netz abgehängt ist im internationalen Vergleich: Bei der Durchschnittsgeschwindigkeit von LTE-Verbindungen in Europa landet Deutschland Messungen zufolge nur auf Platz 32. In ländlichen Gebieten haben gerade einmal 40,5 Prozent der Haushalte Breitbandleitungen von mindestens 50 Mbit pro Sekunde.

Diese Löcher müssen erst mal gestopft werden, bevor hier Flugtaxis abheben – denn per Brieftaube lassen sie sich kaum bestellen.

Und doch setzt Bär mit den Flugtaxis einen wichtigen Punkt: Ohne solche Visionen wird sich Deutschland nicht zum Neuland entwickeln, nicht wettbewerbsfähig bleiben. Doch ob und wie solche Visionen umgesetzt werden, daran kann die 39-Jährige künftig einen entscheidenden Anteil haben. Kann, wohlgemerkt.

Zwar gibt es weiterhin kein eigenständiges Digitalministerium, aber mit Bär hat Deutschland jetzt erstmals in seiner Geschichte eine Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt. Bär ist damit der Chief Digital Officer der Bundesrepublik. Doch wie erfolgreich sie sein wird, hängt auch von der Macht ab, mit der sie ausgestattet sein wird. Mit Helge Braun (CDU) gibt es über ihr nämlich noch einen Kanzleramtsminister, der sich ebenfalls um Digitalthemen kümmern und dazu einen Koalitionausschuss koordinieren soll. Bär wird mehr leisten müssen als Zuarbeit, damit ihr neues Amt von Erfolg gekrönt sein wird.

Ein erster Schritt wäre eine bessere Koordination der einzelnen Ministerien: In den 14 Häusern arbeiten derzeit 244 Teams in 76 Abteilungen an digitalen Themen. Federführend sollen in der neuen großen Koalition weiterhin das Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und das Bundeswirtschaftsministerium sein.

Dass damit alle vier entscheidenden Positionen in Unionshand sind, kann die Abstimmung und Entwicklung einer stimmigen Digitalstrategie erleichtern – und damit auch die Idee vom Flugtaxi greifbarer machen, die so realitätsfern übrigens gar nicht ist: In Dubai und in Las Vegas gab es bereits erste Testflüge – mit Geräten vom deutschen Unternehmen Volocopter.

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