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Außenministerin Annalena Baerbock.

© REUTERS/Andreas Gebert

Baerbock auf Münchner Sicherheitskonferenz: „Dies ist keine Ukraine-Krise, dies ist eine Russland-Krise“

Die deutsche Außenministerin und US-Kollege Blinken warnen: Die Konfrontation kann Monate dauern, Putin sucht Vorwände für ein Eingreifen.

Die Zwänge der Pandemie sind unübersehbar im Großen Saal des Bayerischen Hofs. Und ebenso die Folgen des russischen Truppenaufmarschs an den Grenzen zur Ukraine. Die Teilnehmerzahl der Münchner Sicherheitskonferenz, die hier seit Jahrzehnten tagt, ist auf ein Drittel im Vergleich mit den Zeiten vor Corona geschrumpft. Moskau hat erstmals seit undenklichen Zeiten die Einladung zum Dialog in München ausgeschlagen.

Wladimir Putin verschärft seine Drohgebärden. Er hat bei Kanzler Olaf Scholz’ Besuch am Montag den Abzug von Einheiten versprochen, aber nach westlichen Erkenntnissen tatsächlich das Gegenteil getan und die Truppen verstärkt. Zum Start der Sicherheitskonferenz kündigt er Übungen mit strategischen Raketen an.

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Keine Sicherheit auf Kosten anderer

Die Kriegsgefahr in der Ukraine dominiert den ersten Konferenztag, aber sie ist nicht die einzige Bedrohung. Die globale Gesundheitsversorgung in der Pandemie, die Fluchtbewegungen, der Klimawandel, Armut und Ungleichheit geben ebenfalls Anlass zur Sorge.

Die bedrohliche Situation könne „vielleicht Wochen, vielleicht Monate dauern“, warnt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Aber „wer Angst vor der Strecke hat, der hat schon verloren“. Die klare Haltung beginne mit der Sprache. „Dies ist keine Ukraine-Krise, dies ist eine Russland-Krise.“

[Lesen Sie auch: Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Wie gefährlich ist die Lage im Konflikt mit Russland? (T+)]

Sie appelliert an ihren russischen Kollegen Sergej Lawrow: „Keine Sicherheit auf Kosten anderer!“ Das habe der selbst als Prinzip ausgegeben. „Wer gemeinsam in Sicherheit leben will, der droht einander nicht. Funktioniert dieses Prinzip noch, fragt Baerbock, oder leben wir in einem „Zeitalter der kollektiven Resignation und Hilflosigkeit?“

Entschlossenheit, Solidarität, Verlässlichkeit

Ihre Antwort: „Wir sind nicht kollektiv hilflos. Wir schöpfen unsere Stärke aus unserem gemeinsamen Handeln.“ Es komme auf Entschlossenheit, Solidarität, Verlässlichkeit an.

Ohne langen Tisch: Bundesaußenminister Annalena Baerbock und ihr US-Kollege Antony Blinken üben in der Konfrontation mit Russland den Schulterschluss.

© Sven Hoppe/ dpa

„Wir Deutsche sind bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu bezahlen. Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, sagt Baerbock. Dazu gehöre auch die Pipeline Nord Stream 2. Kiew könne aber darauf vertrauen: „Wir verhandeln nicht über den Kopf der Ukraine hinweg.“

[Lesen Sie auch: Nach dem Treffen von Putin und Scholz. Die Schlinge um den Hals der Ukraine bleibt. (T+)]

Es bleibt jedoch beim Nein zu Waffenlieferungen, schränkt Baerbock ein. Das enttäuscht einige Zuhörer im Saal, darunter Kiews Oberbürgermeister Vitali Klitschko.

Blinken warnt vor verdeckten Operationen Putins

Auch US-Außenminister Tony Blinken setzt auf Partnerschaft und Solidarität. Ob Pandemie oder Frieden in Europa, die Herausforderungen lassen sich nur in internationaler Kooperation lösen. „Putin war überrascht von unserer Solidarität“, berichtet er.

Als Christoph Heusgen, der Nachfolger Wolfgang Ischingers als Vorsitzender der Sicherheitskonferenz fragt, ob er einen russischen Angriff nach dem Ende der Olympischen Spiele am Sonntag befürchte – wie 2014, als „grüne Männchen“, die sich als russische Soldaten entpuppten, kurz nach den Sportwettkämpfen in Sotschi die Krim besetzten –, warnt Blinken: „Russland hat längst begonnen mit diesem Szenario.“

Man müsse jederzeit mit verdeckten Aktionen rechnen, die Moskau als Vorwand für eine Invasion nutzen wolle. „Wir müssen aufdecken, was wir sehen und wissen“, erklärt Blinken die Strategie des „Blaming and Shaming“. Die USA veröffentlichen Geheimdiensterkenntnisse in der Hoffnung, dass sie es Putin damit erschweren, die Welt in die Irre zu führen.

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