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Schmuddelig: Auf Facebook lassen brave Bürger den Troll raus.

© Christoph Dernbach/dpa

Soziale Netzwerke: Die Welt braucht Facebook

Mobilität ist unaufhaltsam: Vor der Macht der sozialen Netzwerke muss auch China kapitulieren. Sich dem in den Weg zu stellen ist aussichtslos. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Macht Facebook irgendetwas falsch? Der Umsatz des US-Unternehmens ist im dritten Quartal um 40 Prozent gestiegen, der Gewinn auf beinahe eine Milliarde Dollar geklettert, die Zahl nur der aktiven Nutzer des sozialen Netzwerks ist um 14 Prozent auf 1,55 Milliarden gewachsen. Pro Tag sind eine Milliarde Menschen bei Facebook. Der Erfolg der Mark-Zuckerberg-Gründung ist erdrückend.

Oder ist er bedrückend? Hier wird ja nicht mit Schrauben gehandelt, sondern mit Kommunikation, mit Daten, die zu Biografien, zu Identitäten gehören. Jedem Gebrauch wohnt der Missbrauch inne. Die Hass-Postings, die merkwürdigen Lösch-Standards, eisern bei jeder Form von Nacktheit, nachlässig bei Hetze und anderen Inhalten der Unmenschlichkeit.

Manchem gilt das Auto längst als Geißel der Menschheit

Das alles wissen die aufgeklärten Nutzer, das akzeptieren sie eher, als dass sie Facebook verlassen wollen. Daraus erwächst kein Fehlverhalten. Denn Facebook wird gebraucht in einer globalen, sich weltweit vernetzenden Welt – nicht weniger als das Auto.

Beide Techniken stehen für eine Mobilmachung, wie sie die Welt vor der Erfindung des Autos und vor der Erfindung von Facebook nicht gekannt hat. Eine räumliche, soziale und eine geistige Mobilmachung. Mit dem Auto wie mit dem sozialen Netzwerk werden Grenzen überwunden, neue Welten erschlossen, mehr Menschen denn je kommen in Kontakt miteinander, sie vernetzen sich. Erst mit dem Auto, jetzt mit Facebook, mit beidem zusammen geht es schneller.

Das bleibt nicht ohne Wirkungen und Nebenwirkungen. Manchem gilt das Auto längst als Geißel der Menschheit, es verbraucht Unmengen an Ressourcen, zerstört die Umwelt, der Zugewinn an Wohlstand hält mit den Nachteilen nicht Schritt.

Nicht anders ist es bei Facebook, eine schiere Ausgeburt des Kapitalismus, das seine Nutzer als Werbematerial ausbeutet, das seine Kunden nach seinen Regeln lenkt. Und jetzt soll auch noch mit Drohnen das Internet in entlegene Weltgegenden gebracht werden. Und warum? Damit sich noch mehr Millionen, ja Milliarden Menschen Facebook hingeben. Facebook kennt so wenig Moral wie die Börse, andererseits ist Facebook ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.

Das Konto bei Facebook bringt und es sichert Wohlstand und Wohlgefühl

Volkswagen verkauft Millionen Autos in aller Welt. Die Käufer werden nicht gezwungen, sie wollen Volkswagen kaufen. Volkswagen – das Auto – sichert und bringt Wohlstand und Wohlgefühl. Das Konto bei Facebook wird freiwillig eröffnet, es bringt und es sichert Wohlstand und Wohlgefühl.

Da ist es nicht der schlechteste Plan, dass Mark Zuckerberg nach China expandieren möchte, das Land mit den meisten Einwohnern auf dieser Erde. China wird es sich nicht auf ewig erlauben können, dass Volkswagen über seine Straßen rollen, Facebook jedoch ausgeschlossen und bei Markteintritt sogleich staatlich kontrolliert wird. Die Mobilität ist unaufhaltsam, wer sich ihr in den Weg stellt, der wird nur umso heftiger von ihr überrollt werden.

Wer Facebook abschaffen oder eindämmen will, muss das Automobil mit abschaffen oder wenigstens die Reifen abmontieren. Das wäre Stillstand ohne Wohlstand.

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