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Armin Laschet.

© REUTERS/Annegret Hilse

Die Union in der Krise: Laschet muss jetzt die Würde der CDU wahren

CDU-Chef Armin Laschet muss jetzt den Übergang in seiner Partei moderieren, ja gestalten. Wird er es schaffen, ein Gemetzel in der Union zu verhindern?

Und wieder zeigt Armin Laschet, wer er ist, was er ist. In seiner Selbstwahrnehmung wird er der selbstlose Moderator der CDU sein, in der Außenwahrnehmung dagegen kommt er als der ewige rheinische Klüngler daher. Nur gilt hier weiß Gott nicht der Satz: Et hätt noch immer jot jejange. Denn nichts ist mehr gut in der CDU, nicht Stimmen, nicht Stimmung.

Ja, die CDU braucht einen Ansatz, der sich verbindet mit dem im Grunde christlichen Bild vom guten Menschen. Den braucht jede Partei, aber schon gar eine, die so geschlagen ist wie die, die Laschet anvertraut ist. Noch anvertraut ist.

Wie lange noch? Vielleicht einige Wochen, maximal. Denn es geht, ja doch, nach der Wahlniederlage von fast neun Prozentpunkten – und das auch noch von schon vorher niedrigem Niveau – jetzt um alles, voran um personelle und inhaltliche Erneuerung. Die duldet keinen Aufschub.

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Anders als mit einem Aufräumen auf allen Ebenen, mit der Bereitschaft zu Selbstvergewisserung, mit dem Versuch intellektueller Auseinandersetzung über Zukunftsthemen wird die Christdemokratie, die deutsche, nicht mehr mehrheitsfähig werden. Sie würde stattdessen sogar sehr schnell ihren Volksparteicharakter verlieren, konservativ, sozial, liberal. Da ist sie entkernt.

Die Verfallserscheinungen der kurzen Nach-Merkel-Ära sind schon jetzt erschreckend, ihre Zunahme ist zusätzlich rasant. Wenn die bisher auch nur im Hintergrund zu erkennen ist. Wehe der CDU, sollte das für jeden offensichtlich werden. Nächstes Jahr dräuen Landtagswahlen.

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Das Schreckgespenst ist Italien, die Democrazia Cristiana. Die gibt es zwar noch, aber bloß dem Namen nach. Laschet ist immer schon so viel Europäer gewesen, das zu wissen – und auch um die Gefahr des endgültigen Niedergangs. Deshalb will er mit aller ihm auf Zeit verbliebenen Macht ein Gemetzel in der CDU verhindern, das logischerweise ausgreifen würde auf die ganze Union.

Die CSU, an der Spitze Markus Söder, wartet nur darauf, ist das doch die Chance, innerhalb dieses Zweierbündnisses die Führung zu übernehmen. Erstens will Laschet Söder diesen späten Triumph nicht gönnen, schon gar deshalb, weil er zu sehr unter ihm gelitten hat, um jetzt klein beizugeben. Das ist die persönliche Seite: die der vielen Verletzungen aus jüngster Zeit.

Zweitens muss Laschet der CDU helfen, ihre Stellung zu wahren, unter nahezu allen Umständen. Plastisch, drastisch gesagt: Es soll nicht der Schwanz mit dem Hund wackeln.

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Das Oberthema dieser Tage und – vielleicht – Wochen aber ist: Würde. Die Würde der CDU zu wahren, um mit der verbliebenen eigenen abzutreten, das wird die ultimative Herausforderung für Laschet. Was von ihm bleiben soll: dass er ein Meister im Moderieren war. Nordrhein-Westfalen wird nicht von ungefähr von ihm als Beispiel genannt. Da ist es ihm gelungen, zu Anfang und am Ende.

Doch im Bund ist die Bühne größer. Und hier den Übergang moderieren, sogar gestalten zu wollen, ist ein Anspruch, an dem Laschet noch einmal scheitern kann. Zumal es in NRW der Übergang für den Nachfolger zur Macht ist; das ist im Bund gegenwärtig nicht (mehr) vorstellbar. Nur ein Desaster in den Ampel-Verhandlungen würde Jamaika überhaupt zurück ins Spiel bringen. Wer in der CDU das Vorsitzendenamt übernimmt, kann schnell selbst Übergang werden. Laschet ist Zeuge.

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