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Die Kandidaten für den Parteivorsitz der SPD bei der letzten Regionalkonferenz in München

© dpa/Lino Mirgeler

Die SPD-Mitglieder haben die Wahl: Viel Solidarität und eine neue Feindschaft

Jetzt können die Mitglieder darüber abstimmen, wer die SPD führen soll. Viele reden von neuer Solidarität. Nur einer schießt angeblich quer: Kevin Kühnert.

Von Hans Monath

Die SPD, die zuletzt wenig Grund zum Feiern hatte, feierte sich zum Ende der Regionalkonferenzen selbst. Nachdem sich die nun nur noch sechs Kandidatenduos am Wochenende in München zum letzten Mal der Basis präsentiert hatten, waren fast alle zufrieden mit der Wirkung der Kandidatentour, bei der 20.000 Mitglieder 23 Veranstaltungen in der ganzen Republik besucht hatten. „Es ist gut, dass wir einen solchen neuen Weg gehen. Wir haben gezeigt, wie lebendig diese Partei ist“, verkündete Generalsekretär Lars Klingbeil und fuhr fort: „Die SPD wird gebraucht. Die SPD ist noch lange nicht am Ende.“

Die Stimmung der verunsicherten Genossen scheint die Bewerbertour tatsächlich gehoben zu haben. Rund 3500 Eintritte verzeichnete die SPD von Juli bis Mitte September. Und auch professionelle Politikbeobachter sehen einen positiven Effekt, der sich freilich bis jetzt nicht in besseren Umfragewerten niederschlägt. „Für die Partei ist es ein sehr belebender Prozess gewesen, was – gegeben die schwierige Lage, in der die SPD steckt – parteiintern wichtig gewesen ist“, sagt etwa Politikwissenschaftler Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin.

Langer Weg bis zur neuen Führung

Der Leiter der Arbeitsstelle für Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland gibt zugleich zu bedenken, dass der lange Prozess einen hohen Preis gehabt habe. „Es dauert fast ein halbes Jahr, bis die vakante Position an der Spitze besetzt ist – und trotzdem gibt es keine Erfolgsgarantie.“ Der Blick auf die CDU und die Parteitagsentscheidung zugunsten der Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer zeige, dass nach einem Verfahren mit vielen Regionalkonferenzen weiterhin innerparteiliche Auseinandersetzungen virulent blieben, meint Faas: „Ein solches Verfahren dokumentiert ja sehr deutlich auch Spaltungen, die es in Parteien geben kann, und zeigt, wie knapp gegebenenfalls Mehrheiten gefunden werden.“

Solche innerparteilichen Querelen bleiben voraussichtlich auch der SPD nicht erspart, wenn erst einmal feststeht, wie die Basis entschieden hat. Am Montag begann die Zwölf-Tage-Frist, innerhalb derer die 426.000 SPD-Mitglieder ihre Favoriten wählen können. Das Ergebnis des ersten Wahlgangs soll am 26. Oktober vorliegen. Doch aller Wahrscheinlichkeit wird kein Duo die absolute Mehrheit erreichen, was einen zweiten Wahlgang notwendig macht.

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Stegner und Kühnert sind zerstritten

Die Kandidaten-Teams bemühten sich sehr, fair miteinander umzugehen – und propagierten einen neuen, angeblich nun wirklich solidarischen Umgangsstil in der Partei. Einer allerdings hat sich mit seiner Einmischung in den Bewerbungsprozess auch Feinde gemacht in der Partei: Juso-Chef Kevin Kühnert.

Obwohl gleich mehrere Bewerber-Duos vom linken Flügel der Partei antreten, sprach sich Kühnerts Jugendverband für die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken und den früheren nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans (Parteispitzname „Nowabo“) aus. Manche in der SPD behaupten, dass dahinter eine Absprache stehe, wonach Kühnert Generalsekretär werden soll, wenn Esken und Nowabo ins Willy-Brandt-Haus einziehen, was die Jusos bestreiten.

Mit Ralf Stegner, einem der einflussreichsten Parteilinken, der gemeinsam mit Gesine Schwan kandidiert, hat Kühnert jedenfalls den Kontakt abgebrochen. Der wirft seinem früheren Intimus nun vor, den neuen, offenen Entscheidungsstil der Partei nicht zu befördern - im Gegenteil: „Es ist alte SPD, wenn man Mitgliedern schon vor den Regionalkonferenzen sagt, wen sie wählen sollen“, kritisiert Stegner. Die Erneuerung bestehe doch gerade darin, „dass die Mitglieder selbst entscheiden und nicht bevormundet werden“. Ob sich die 80.000 Sozialdemokraten im Juso-Alter tatsächlich an Kühnerts Empfehlung halten, ist ohnehin offen.

Die Frau, die durch ihren Rücktritt im Juni, die aufwändige Personalsuche erst notwendig gemacht hatte, meldete sich am Montag auch zu Wort – allerdings nicht zum Bewerberprozess. Andrea Nahles, die frühere Partei- und Fraktionschefin gab bekannt, dass sie zum 1. November ihr Bundestagsmandat niederlegen wird. Die 49-Jährige will sich beruflich neu orientieren. Seit ihrem Abschied von der Bundestagsfraktion am 4. Juni hatte Nahles weder an Fraktionssitzungen noch an Plenarsitzungen des Bundestages teilgenommen.

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