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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat eine Debatte angestoßen. Wie immer.

© Peter Kneffel/dpa

Debatte um Impfpflicht: Die Söder-Logik dient Söder – aber nicht dem Kampf gegen Corona

Bayerns Ministerpräsident produziert Schlagzeilen, wo er Verantwortung zeigen müsste. Demokratie verlangt anderes. Ein Kommentar.

Markus Söder hat etwas getan, wofür man ihn eigentlich schlecht kritisieren kann: Bayerns Landeschef hat mit seiner Idee einer Impfpflicht für Pflegeberufe eine Diskussion angestoßen. Sollte es nicht so sein in einer Demokratie?

Allerdings stößt er dauernd Diskussionen an; damit ist er Erster unter Gleichen in der Ministerpräsidentenrunde geworden, die mit der Kanzlerin die Coronapolitik bestimmt. Er ist der Lauteste, er ist Söder. Auch sein aktueller Vorschlag folgt der Söder-Logik. Kommt die Impfpflicht, war er der Erste, der sie gefordert hat. Kommt sie nicht, haben alle über Söder geredet. So sehen Gewinner aus.

Doch in einer Demokratie gibt es neben Söder-Diskussionen auch so etwas wie Verantwortung. Hier zeigen sich Mängel bei Söder, der natürlich weiß, wie empfindlich das Thema ist. Die Skepsis beim Impfen ist groß, man kennt es vom Masernvirus. Das Coronavirus ist wegen seiner pandemischen Eigenschaften weit stärker politisiert. Lockdown und Verbote zehren an Nerven und leeren die Kassen.

Da geht schon der Gedanke, dass die Immunspritze zur Pflicht werden könnte, sprichwörtlich unter die Haut. Regierung und Koalition haben deshalb klugerweise bislang darauf verzichtet, sie zu verordnen. Sie hoffen, dass die Herde über eigene Einsicht zur Immunität gelangt.

Nötig sind uneitle Politiker. Ein paar Kandidaten scheiden hier aus

Trügt die Hoffnung? Man weiß es noch nicht. Es gibt Zahlen, Umfragen, aber keine Evidenz. Kann sein, dass sich das ändert. Dann kommt der vermeintliche Söder-Vorschlag sowieso auf die Agenda, möglicherweise in eskalierter Form. Freilich kann schon jetzt darüber diskutiert werden.

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Nur ist es nicht hilfreich, wenn einer aus der Riege der angeblichen Corona-Diktatorinnen und -Diktatoren voranprescht. Denn so weckt er absehbar Widerstände – die natürlich wiederum die Chancen steigen lassen, dass so ein Vorschlag realisiert werden müsste. Eine solches Kalkül würde dann nicht nur Mängel an politischer Verantwortung belegen, es wäre ein Indiz für politische Niedertracht. Wir wollen sie Söder nicht zutrauen.

Nötig ist Überzeugungsarbeit, vielleicht eine Kampagne. Zudem steht es Pflegeheimen wie Krankenhäusern frei, von Angestellten einen Immuntest zu verlangen. Nötig sind uneitle Politiker, die in der Krise Vertrauen schenken, statt sie für ihr Profil zu nutzen. Ein paar Kandidaten scheiden hier leider aus.

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