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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD)

© Ralph Orlowski/REUTERS

Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Warum der Scholz-Rücktritt abgeblasen ist

Die SPD sagt ihre Revolution ab +++ AKK gibt Warnschuss ab +++ Neuanfang von Sigmar Gabriel.

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Wer setzt doch aufs „Weiter so“? Die Sozialdemokraten. Nach der „Eskabolation“, wie der Urwahl-Sieg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gegen das Parteiestablishment genannt wird, folgt jetzt die Deeskalation. „Beide Camps sind bemüht um einen gemeinsamen Weg“, sagt ein Teilnehmer über die gestrige Sitzung des erweiterten SPD-Präsidiums.

Übersetzt heißt das: Die SPD-Spitze macht weiter wie bisher. Die von Esken und Walter-Borjans versprochene Neuverhandlung des Koalitionsvertrags wird es nicht geben. Im Leitantrag für den Bundesparteitag am Wochenende ist nur noch von „Gesprächen“ mit der Union die Rede – über Details zu Mindestlohn und Klimaschutz. Auch der Konflikt um die Schwarze Null dürfte sich nicht zuspitzen. „Das wird nicht feindschaftlich diskutiert“, heißt es aus dem Vorstand.

Statt die Schwarze Null schnell zu kippen, gehe es nur noch um „Spielräume“ im Haushalt. Damit ist ein Rücktritt von Olaf Scholz vom Tisch – und die Revolution in der SPD abgeblasen. Bleibt die Frage, ob die Parteibasis das alles einfach so hinnimmt.

Wer versucht es mit einer Drohung? Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Verteidigungsministerin war gestern in Afghanistan unterwegs (mehr hier). Von dort setzte sie per RTL-Interview einen Warnschuss ab: Sie drohte der SPD, die Grundrente solange zurückzuhalten, bis sich die Sozialdemokraten zu einer Fortsetzung der Groko bekennen. „Das geht gar nicht“, sagte Manuela Schwesig. Die Mahnung der CDU-Chefin verärgert viele Genossen.

Zugleich kann AKK aufatmen. Denn einen schnellen GroKo-Exit wird die SPD am Wochenende wohl nicht beschließen. Im Leitantrag des Parteivorstands heißt es: „Für uns steht nicht die Frage im Vordergrund, ob wir die Koalition weiterführen oder beenden.“ Kramp-Karrenbauer bereitet sich trotzdem auf den Notfall vor. Für den kommenden Montag hat sie die gesamte CDU-Spitze nach Berlin beordert, um schnell auf überraschende Beschlüsse des SPD-Parteitags reagieren zu können.

Wer will nach oben? Kevin Kühnert. Der einflussreiche Juso-Chef will stellvertretender SPD-Vorsitzender werden. Neben ihm sollen auch Klara Geywitz und Arbeitsminister Hubertus Heil je einen Vize-Posten erhalten. Flügelübergreifend wird außerdem dafür geworben, dass Lars Klingbeil Generalsekretär bleibt. Er, Geywitz und Heil gelten als Pragmatiker, „Mitte-Links“ würden sie vielleicht selbst sagen. Die neuen Chefs, Esken und Walter-Borjans, gelten wie Kühnert bekanntlich als deutlich links.

Ins Präsidium wechseln wollen zudem der Parteilinke und scheidende Vize Ralf Stegner sowie Ex-Juso-Chefin Johanna Uekermann. Der Plan manch konservativer Sozialdemokraten, das neue Führungsduo mit einer Truppe aus dem eigenen Lager einzuhegen, geht damit wohl nicht auf.

Wer sucht den Neuanfang? Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel sowie Ex-Basketballstar Dirk Nowitzki. Die zwei Männer haben viel gemeinsam: Beide haben ein enges Verhältnis zu den USA, beide haben kürzlich ihre Karriere beendet und suchen nun neue Herausforderungen – Nowitzki nach einer 20-jährigen Profi-Laufbahn bei den Dallas Mavericks, Ex-Außenminister Gabriel nach mehr als drei Jahrzehnten als SPD-Politiker.

Über ihre jeweilige Zukunftsplanung wollen die beiden heute miteinander sprechen – unter dem Motto „Rebound“, was übersetzt so viel wie „neuer Versuch“ bedeutet. Das Gespräch findet um 16.30 Uhr im Allianz Forum statt (Pariser Platz 6, 10117 Berlin). Die Moderation übernimmt meine Kollegin Juliane Schäuble, US-Korrespondentin des Tagesspiegels.

Anmeldungen bitte an rebound@tagesspiegel.de. Sollte es keine freien Plätze mehr geben, können Sie das Gespräch ab etwa 20 Uhr auf tagesspiegel.de im Video anschauen und sich damit einen unterhaltsamen Abend gestalten.

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