zum Hauptinhalt
Bushaltestelle im Dorf Wallmow in der Uckermark - diese Linie zahlt die Kommune

© Thilo Rückeis

Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs: Die Länder dürfen sich nicht länger drücken

Bisher geben die Bundesländer kaum eigenes Geld für Bus und Bahn aus. Der Bund allein kann die Wende aber nicht allein stemmen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caspar Schwietering

Bisher stand Volker Wissing weitgehend alleine da. Seit Jahresanfang fordert der Verkehrsminister von den Ländern, sich stärker für einen attraktiveren öffentlichen Nahverkehr zu engagieren. Doch nun erhält der FDP-Politiker kräftige Unterstützung von den Sozialdemokraten.

Für günstige Nahverkehrstickets über den August hinaus müssten auch die Länder mehr Geld bereitstellen, betonen die SPD-Verkehrsexpert:innen Detlef Müller und Dorothee Martin bei jeder Gelegenheit. Zurecht.

Eine Auswertung des Tagesspiegels von Daten des Bundesrechnungshofes zeigt, dass viele Länder kaum eigenes Geld in Busse und Bahnen stecken. Es gibt löbliche Ausnahmen: neben den Stadtstaaten Berlin und Hamburg vor allem Baden-Württemberg und Niedersachsen.

Die ostdeutschen Bundesländer und Bayern fühlen sich hingegen für Nahverkehr offenbar nicht zuständig. Den laut Grundgesetz von ihnen verantworteten Schienennahverkehr zahlen sie fast ausschließlich mit den Regionalisierungsmitteln des Bundes. Dabei fordert der Gesetzgeber, dass die Länder einen angemessenen Beitrag leisten.

Für Busse zahlen nur die Kommunen - daher gibt es auf dem Land nur Schulbusse

Noch schlechter ist die Lage beim Nahverkehr auf der Straße. In 15 von 16 Bundesländern zählt der offiziell nicht mal als Teil der Daseinsversorge. Warum? Damit die Landesregierungen nicht mitbezahlen müssen. So stehen die klammen Kommunen mit der Aufgabe alleine da. In der Konsequenz gibt es auf dem Land fast nur Schulbusse.

[Jeden Donnerstag die wichtigsten Entwicklungen aus Amerika direkt ins Postfach – mit dem Newsletter "Washington Weekly" unserer USA-Korrespondentin Juliane Schäuble. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung.]

Große Städte haben sich bisher vielfach mit einer Quersubventionierung über die Stadtwerke beholfen – über unnötig hohe Strom-, Gas- und Wasserpreise für die Bürger:innen. Das Modell hat sich angesichts der Energie- und Klimakrise überlebt. Die Länder müssen sich mehr engagieren.

Wenn Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) moniert, dass das Neun-Euro-Ticket den Bayern auf dem Land nix bringt, ist das einfach nur dreist. Die Nahverkehrsanbindung in seiner Heimat Niederbayern ist so schlecht, weil sich die CSU-Staatsregierung seit Jahrzehnten nicht darum kümmert.

Im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern steht übrigens, dass man in bayerischen Großstädten ein 365-Euro-Ticket einführen will. Aber dafür bezahlen soll laut Bernreiter allein die Ampel-Koalition im Bund. Wie kommt er darauf?

Mit dem alten Spiel, dass sich 16 Landesverkehrsminister:innen gegen den Bundesverkehrsminister verbünden, damit der Bund die Verkehrswende alleine stemmt, muss jetzt Schluss sein. Ein klimaneutraler Verkehr in Deutschland ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Und zusammen können Bund und Länder auch ein günstiges Anschlussticket nach dem 9-Euro-Experiment locker bezahlen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false