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Irans Chef-Unterhändler Ali Bagheri in Wien.

© AFP

Atomverhandlungen zwischen den USA und Iran: Die Bombe rückt in greifbare Nähe

In Wien verhandeln die USA und der Iran wieder im ein Atomabkommen. Es könnte die letzte Chance auf eine Einigung sein.

Internationale Unterhändler haben am Donnerstag einen neuen Versuch gestartet, das Atomabkommen von 2015 zu retten. Die neuen Gespräche in Wien folgten einer wochenlangen Unterbrechung der Kontakte und auf Initiative der EU, die als Vermittlerin zwischen Iranern und Amerikanern kürzlich einen Vertragsentwurf ausgearbeitet hatte.

Obwohl alle Beteiligten ihre Bereitschaft zu einer Einigung betonen, sind die Erfolgsaussichten gering. Der Iran hat die Uran-Anreicherung so weit vorangetrieben, dass er innerhalb weniger Monate eine Atombombe bauen könnte. Die Verhandlungsrunde in Wien könnte deshalb die letzte Chance sein, das mit diplomatischen Mitteln zu verhindern.

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Zwei grundsätzliche Probleme verhindern bei den Gesprächen seit deren Beginn im Frühjahr 2021 eine Einigung. Die erste Hürde ist das große Misstrauen zwischen den USA und dem Iran. Unterhändler der beiden Staaten sprechen nicht direkt miteinander, sondern nur über die europäischen Vermittler.

Misstrauen prägt auch den Inhalt der Wiener Gespräche. Die USA waren 2018 aus dem Atomvertrag ausgestiegen und hatten den Iran mit neuen Sanktionen belegt. Nun will US-Präsident Joe Biden den Vertrag neu beleben, pocht aber auf Zugeständnisse der Iraner bei der Uran-Anreicherung und auf strikte Kontrollen des iranischen Atomprogramms.

Umgekehrt verlangt der Iran, die Amerikaner müssten garantieren, dass sie in den kommenden Jahren den Vertrag nicht erneut aufkündigen.

Beide Seiten spielen auf Zeit

Das zweite Hindernis besteht darin, dass sich Iraner und Amerikaner mit dem Schwebezustand arrangiert haben. Die Fortdauer der Gespräche schützt den Iran vor neuen Sanktionen und vor Militärschlägen westlicher Verbündeter wie Israel. Trotz der Sanktionen kann der Iran zudem seine Ölausfuhren steigern, besonders nach China.

Gleichzeitig baut die Islamische Republik ihr Atomprogramm aus und beschneidet die Befugnisse der Inspekteure von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Auf der anderen Seite geht die US-Regierung mit den Dauer-Verhandlungen unangenehmen Entscheidungen aus dem Weg, die bei einer Einigung fällig würden.

Dazu gehört die Frage, ob sie die iranische Revolutionsgarde von ihrer Terrorliste nimmt, wie es Teheran verlangt.

Die EU hat einen Vorschlag unterbreitet

Eine Gesprächsrunde in Katar war im Juli gescheitert. Nun gibt es jedoch Anzeichen, dass sich der Verhandlungsprozess seinem Ende zuneigt. Biden sagte vor einigen Wochen, die USA würden „nicht ewig warten“, bis der Iran zu einer Lösung bereit sei.

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell will zum Abschluss kommen und erklärte, der europäische Einigungsentwurf lasse keinen Raum für „zusätzliche große Kompromisse“. Details des EU-Vorschlages sind nicht bekannt, doch die Grundzüge stehen seit Monaten fest: Wenn der Iran die Uran-Anreicherung zurückschraubt und sich den Kontrollen der IAEA unterwirft, wird er mit einer schrittweisen Aufhebung der Sanktionen belohnt.

Borrell hat es eilig, weil die Atombombe für den Iran immer greifbarer wird. Nach Erkenntnissen der IAEA hat der Iran mehr als 40 Kilogramm Uran auf 60 Prozent angereichert. Wenn das Material auf 90 Prozent angereichert würde, könnte der Iran damit einen Atomsprengkopf bauen, was innerhalb weniger Wochen möglich wäre. Laut dem Atomvertrag muss der Iran die Anreicherung auf unter vier Prozent begrenzen.

Iranische Politiker betonen zwar, das Atomprogramm ihres Landes habe nur zivile Zwecke. Allerdings gibt es nach westlichen Angaben für so hoch angereichertes Uran, wie es der Iran inzwischen besitzt, nur militärische Verwendungen.

Zudem setzt sich der Iran dem Verdacht aus, Teile seines Atomprogramms zu verheimlichen, obwohl er unter dem Atomwaffensperrvertrag zur vollständigen Offenlegung verpflichtet ist. Als Reaktion auf die Kritik schaltete der Iran im Juni mehr als zwei Dutzend IAEA-Überwachungskameras ab.

USA und Iran gegen sich gegenseitig die Schuld am bisherigen Verhandlungsstillstand. Der iranische Unterhändler Kani Bagheri, der sich am Donnerstag in Wien mit dem EU-Koordinator Enrique Mora traf, bekräftigte seine Bereitschaft zu einem schnellen Abschluss der Gespräche, "wenn die andere Seite auch dazu bereit ist". Der US-Delegationsleiter Rob Malley erklärte fast wortgleich, in Wien werde sich rasch herausstellen, ob der Iran zu einer Lösung bereit sei.

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