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Wie weiter? Bernd Lucke will die AfD allein führen.

© dpa

Zwei Jahre Anti-Euro-Partei: Die AfD könnte an ihrem eigenen Erfolg zugrunde gehen

Die AfD wird zwei Jahre alt - und steckt tief im Führungsstreit. Um einen Konflikt zwischen Konservativen und Nationalkonservativen geht es dabei schon lange nicht mehr. Eher darum, dass Parteichef Bernd Lucke am liebsten allein entscheiden will. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Leber

Vor zwei Jahren waren 1500 Menschen im Berliner Hotel Interconti außer Rand und Band. Am 14. April 2013 hielt die AfD dort ihren Gründungsparteitag ab. Es war die Krönungsmesse für Bernd Lucke. Am Abend aber geisterte vor allem ein Bild durch die Nachrichten: das eines älteren, vollbärtigen Deutsch-Russen mit Deutschlandschärpe, der eine Nationalflagge schwenkte – zum Ärger der eben gekürten Führung. Deren Ordnungsruf kam zu spät. Viele Mitglieder wiederum hielten genau dieses Einschreiten für „Zensur“.

Das Verhältnis von Lucke zu Petry und Gauland scheint zutiefst gestört zu sein

Das Muster sollte sich noch viele Male wiederholen. Die AfD war noch gar nicht gegründet, da wurde ihr schon eine rechtsextreme Gesinnung unterstellt. Lucke und andere Parteigrößen verleitete das zu einer trotzigen Wagenburgmentalität. Der Professor aus Hamburg sah das Problem erst, als ihm die Partei nicht mehr uneingeschränkt folgen wollte. Die Geister, die er rief, will er nun wieder loswerden.

Will er das wirklich? Es mag schon sein, dass Lucke die ostdeutschen Wahlgewinner Alexander Gauland und Frauke Petry am liebsten kaltstellen möchte. Das Verhältnis zu beiden scheint zutiefst gestört zu sein. Bloß ist schon längst nicht mehr jenes Thema das Markenzeichen der AfD, das Lucke groß gemacht hatte: der Kampf gegen den Euro. Selbst aus den jüngsten Griechenland-Turbulenzen kann die Partei keinen rechten Profit mehr schlagen. Wenn Lucke sagt, er habe das ganze Desaster schon vor Jahren prophezeit, dann lässt ihn das als Streber erscheinen, nicht aber als Teil der Lösung.

Vermutlich sind Lucke all die Verschwörungstheoretiker, Amerika- Hasser und Pegida-Freunde in seiner Partei tatsächlich zuwider. Dass eine auf ihn zugeschnittene AfD zu einer Art 80er-Jahre-CDU mit etwas Euro-Skepsis führen würde, ist aber keineswegs sicher. Eine diffuse Kritik an der Zuwanderungspolitik nämlich, das zeigen alle Umfragen, wird von den Wählern der AfD inzwischen als das Hauptmerkmal der Partei wahrgenommen. Auch Lucke weiß das, weshalb er bei Reizthemen wie Islam oder Asyl gezielt den Chauvinismus unter den eigenen Anhängern bedient – gleichzeitig aber so geschickt formuliert, dass er die Grenze zum Extremismus nie überschreiten muss.

Die AfD ist programmatisch ein Hohlkörper geblieben

Der Streit, der die AfD im Moment prägt, ist also weniger ein Richtungs- als ein Führungsstreit. Bloß dass Lucke den angeblichen Kampf um die inhaltliche Ausrichtung für seine Zwecke instrumentalisiert. Dies ist deshalb besonders absurd, weil die AfD programmatisch zwei Jahre nach ihrer Gründung ein Hohlkörper geblieben ist. Deren Parteitage sind von persönlichem Gezänk oder Satzungsstreitereien geprägt, nicht aber von dem, was sie nach eigenem Bekunden von den „Altparteien“ unterscheiden soll: Alternativen zu liefern.

Für die AfD ist dies umso gefährlicher, als auch ihr zweiter Glaubenssatz zu wanken scheint: dass in Deutschland angeblich vieles nicht ausgesprochen werden darf. Ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro aber wird nicht mehr nur in AfD-Veranstaltungen als Option diskutiert. Und Luckes Forderung nach einem Zuwanderungsgesetz hat inzwischen sogar die SPD übernommen.

So gesehen könnte die AfD nicht bloß an ihren inneren Machtkämpfen scheitern. Sondern auch daran, dass sie als Protestpartei eine Weile zu erfolgreich war.

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