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Gute Zahlen präsentierten am Dienstag Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts.

© Kay Nietfeld/dpa

Deutschlands positive CO2-Bilanz: Das Klimaschutzsystem kommt an sein Ende

Ob die Politik will oder nicht: Ein paar Dürresommer und die Fridays-for-Future-Bewegung setzen den Klimaschutz absehbar auf ganz andere Schienen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jakob Schlandt

Corona-Chaos mal anders: Am Dienstag lagen Umwelt- und Wirtschaftsministerium über Kreuz in der Beurteilung der Klimaschutz-Fortschritte. Svenja Schulzes SPD-Umweltressort meint: Ohne Corona-Effekt, zum Beispiel weniger Autofahrten, hätte es nicht geklappt mit der Einhaltung des deutschen Klimaziels. Das wurde knapp geschafft, es sind etwas mehr als 40 Prozent Emissionen im Jahr 2020 eingespart worden im Vergleich zu 1990.

Peter Altmaiers CDU-Wirtschaftsministerium ist dagegen der Auffassung: Doch, Deutschland ist auf Kurs! Vor allem die sehr viel niedriger ausgelasteten Kohlekraftwerke hätten dafür gesorgt, dass die Wegmarke erreicht worden wäre. Die nationale Bilanz bietet Raum für Hickhack. Mehr aber nicht.

Denn das nationale Klimaziel und die daraus abgeleiteten Sektorvorhaben werden die nächste Bundestagswahl und vor allem die laufenden Reformen der europäischen Klimaschutzpolitik höchstens abgespeckt überleben. Als festes Steuerruder waren sie nie geeignet. Weder sorgen sie dafür, dass es einen Preis für CO2-Emissionen gibt, noch begrenzen sie die Emissionen fix. Sie münden vielmehr in einen unsicheren politischen Bestrafungsmechanismus.

Ausgedacht hat sich den in erster Linie die ziemlich verzweifelte Umweltministerin Schulze, die zu Beginn der Legislaturperiode zurecht den Eindruck hatte, sie müsse irgendeinen Weg finden, den Rest des völlig klimaschutzunwilligen Kabinetts an die Leine zu legen.

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Ein paar Dürresommer und eine Fridays-for-Future-Bewegung später hat sich die Lage zum Glück fundamental geändert. Klimaschutz wird egal in welcher Konstellation ein zentrales Vorhaben der kommenden Regierung. Das geht schon jetzt aus der Arbeit an den Wahlprogrammen hervor. Zweitens: Europa hat den großen Wurf gewagt und die Klimaschutzziele deutlich verschärft.

Es entsteht eine neue Klimaschutzarchitektur

Auf nationaler und europäischer Ebene wird in den kommenden Monaten und Jahren eine neue Klimaschutzarchitektur entstehen. Es könnte zum Beispiel deutlich früher als von dieser Bundesregierung geplant einen Emissionshandel geben, der sich auch auf die Bereiche Wärme und Verkehr erstreckt. Sektorziele wären hinfällig, weil die Zahl der CO2-Zertifikate auf die verträgliche Menge fixiert wird. Möglicherweise, daran wird noch gearbeitet, gilt das System sogar für die gesamte EU. Es ist hohe Zeit für neue Klimaschutzarchitekten, die Fachleute tüfteln bereits eifrig. Das jetzige System, das heute noch einmal die Schlagzeilen bestimmt, wird absehbar zum kleinen Zwischenschritt.

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