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Der beliebteste deutsche Politiker: Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD).

© dpa

Politbarometer: Deutsche wollen lieber Steinbrück als Merkel

Die Deutschen sehnen sich nach Konsens und einer großen Koalition - am liebsten mit Peer Steinbrück an der Spitze. Aber das Rennen ist noch lange nicht gelaufen. Denn die Euro-Krise nutzt ganz anderen.

Es ist eine politische Momentaufnahme. Ein kleines Schlaglicht. Aber das aktuelle Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel weist auch Trends auf, die sich dem Anschein nach manifestieren und vor allem eines deutlich werden lassen: den Wunsch der Deutschen nach Konsens im Allgemeinen und - politisch übersetzt - nach einer großen Koalition im Speziellen.

Verheerend ist das Bild der Deutschen von der aktuellen Bundesregierung nicht. Die Hälfte der Befragten findet, dass die Regierung ihre Sache eher gut macht - im September waren es noch 42 Prozent. Diesmal stellen "nur noch" 42 Prozent Schwarz-Gelb ein eher schlechtes Zeugnis aus - im September waren es noch 52 Prozent. Doch bei genauer Betrachtung fällt das Urteil deutlich schlechter aus. Denn nur 16 Prozent sind der Meinung, dass das Verhältnis der Koaltionspartner untereinander eher gut ist. Mehr als Zwei Drittel der Befragten findet, dass CDU,CSU und FDP kein gutes Verhältnis untereinander haben. Und die Hauptschuld daran wird der FDP gegeben. 44 Prozent machen die Liberalen für die schlechte Stimmung verantwortlich.

Eine relative Mehrheit der Befragten wünscht sich entsprechend auch lieber ein anderes Regierungsbündnis - eine große Koalition (30 Prozent der Befragten). Für Rot-Grün sprechen sich 22 Prozent der Befragten aus. Nur sieben Prozent wünschen sich eine schwarz-gelbe Wiederauflage.

Besonders aufschlussreich ist auch der Blick auf die beliebtesten Politiker Deutschlands. Diese Hitliste führt nach wie vor Peer Steinbrück an. Die Beliebtheit des Ex-Finanzministers ist im Vergleich zum Messzeitraum davor sogar noch einmal um 0,1 Skalenpunkte gestiegen. Auf einer Skala von +5 bis -5 bewerten die Befragten ihn mit 1,7 - und das in einer Woche der Steinbrück-Festspiele mit TV-Auftritten, Buch-Vorabdrucken und der Adelung durch Ex-Kanzler Helmut Schmidt. Das aber ist alles andere als eine Vorentscheidung. Denn sicher haben einige Genossen befürchtet, dass Steinbrück seinen Vorsprung noch deutlicher ausbauen könnte. Doch dem ist nicht so. Auf Platz zwei schafft es in diese Woche ein anderer Sozialdemokrat, einer der auch im Rennen um die sozialdemokratische Kanzlerkandidatur auf Platz zwei liegt: SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Dieser legt um 0,2 Skalenpunkte zu. Alle beide landen auch vor Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auf Rang drei platziert ist. Zwischen Steinbrück und ihr liegen 0,4 Skalenpunkte. Das ist deutlich und man kann auch sagen, dass die Deutschen derzeit Steinbrück lieber hätten als Merkel. Aber auch hier muss man genau hinsehen. Denn auch Merkel hat zugelegt - mit 0,3 Skalenpunkten sogar am stärksten von allen Dreien. Auch sind über 60 Prozent der Befragten der Meinung, dass Merkel ihre Arbeit gut mache. Gefragt nach ihrem Auftritt in der Euro-Krise, dem wichtigsten Thema der Deutschen laut Politbarometer, sind ebenfalls mehr als die Hälfte der Meinung, dass sie ihre Arbeit gut mache. Auch Steinmeier trat bei diesem Thema als Oppositionspolitiker auf. Es könnte also sein, dass ausgerechnet jenes Thema, mit dem Steinbrück Punkte sammeln wollte, zum Gewinnbringer für Merkel und Steinmeier wird.

Fragt man explizit nach der K-Frage bei der SPD, liegt auch hier Steinbrück vorn. 36 Prozent der Befragten wünschen sich den Finanzminister a.D. als Kandidaten. Frank-Walter Steinmeier kommt aber mit 32 Prozent schon recht dicht dahinter. Nur einer ist abgeschlagen bei 12 Prozent: SPD-Parteichef Sigmar Gabriel.

Was aber verdeutlichen diese Zahlen? Sie zeigen vor allem, dass der Wunsch nach einer parteipolitischen oder persönlichen Profilierung nicht sonderlich stark ausgeprägt ist. Weder wird ein Bündnis Mitte rechts (Schwarz-Gelb) noch eines Mitte links (Rot-Grün) favorisiert. Im Gegenteil: Viele wünschen sich die große Koalition zurück. Und alle drei Spitzenpolitiker haben in diesem Bündnis schon einmal eine herausragende Rolle gespielt - und könnten es in Zukunft auch wieder tun. Steinbrück hat mit seinem Aufschlag in dieser Woche seine Favoritenrolle gefestigt und sogar etwas Boden gut machen können. Abgesetzt hat er sich aber nicht. Vielmehr holen seine Verfolger auf.

Für das Politbarometer im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel hat die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen vom 25. bis 27. Oktober 2011 1.226 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte in Deutschland telefonisch befragt.

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