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Spähsoftware: Deutsche Abhörtechnik für Bahrain

In Bahrain soll ein Oppositioneller verhaftet und gefoltert worden sein. Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben deshalb Beschwerde bei der OECD eingereicht - denn bei der Verfolgung soll auch deutsche Software geholfen haben.

Von Anna Sauerbrey

Ein Bündnis verschiedener Menschenrechtsorganisationen, darunter „Reporter ohne Grenzen“ und „Privacy International“, hat am Mittwoch bei der OECD Beschwerde gegen ein deutsches und ein britisch-deutsches Unternehmen eingereicht. Nach Informationen der NGOs haben die Unternehmen Überwachungssoftware an Behörden in Bahrain geliefert beziehungsweise diese gewartet, die dazu genutzt wurde, Oppositionelle auszuspionieren. Nach Angaben von Maryam al Kahwaja vom Bahrain Center for Human Rights führten die so gewonnenen Informationen in mindestens einem Fall dazu, dass ein Oppositioneller verhaftet und gefoltert wurde.

Bei den beiden Firmen handelt es sich um die Trovicor GmbH mit Sitz in München und die Gamma Group, ein britisches Unternehmen mit einem Ableger ebenfalls in München. Letzteres Unternehmen unterhält auch Geschäftsbeziehungen mit dem deutschen Staat: Wie ein vertrauliches Dokument des Haushaltsausschusses belegt, das das Blog „Netzpolitik“ veröffentlichte, hat auch das BKA Software des deutschen Gamma-Ablegers „beschafft“.

Die Beschwerde bei der OECD bezieht sich auf die Leitsätze der Organisation für internationale Unternehmen, die in ihren Geschäftsbeziehungen die Einhaltung der Menschenrechte berücksichtigen sollen. Der Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, Mitgründer des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) gab am Mittwoch zu, man habe diesen vergleichsweise schwachen Beschwerdeweg gewählt, um überhaupt eine rechtliche Handhabe gegen die Praxis der Hersteller von Überwachungssoftware zu haben. Anders als Waffen unterliegt Software keiner allgemeinen Exportbeschränkung. Nur in Einzelfällen wird die Ausfuhr bisher limitiert. So darf etwa seit 2011, seit einem EU-Embargo, keine Überwachungssoftware mehr nach Syrien geliefert werden. „Wir fordern, dass der Export und der Verkauf von solcher Software generell in die Exportkontrolle aufgenommen wird“, sagte Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen.

Dafür, dass europäische Firmen Spionagesoftware in autoritäre Staaten liefern, gibt es schon seit längerem Hinweise. Nach den Umstürzen in Ägypten und Libyen etwa fanden Oppositionelle Dokumente, die entsprechende Angebote europäischer Firmen belegen. In Bahrain entdeckten nun Hacker verschiedene Versionen der Spionagesoftware „FinSpy“ auf dem Computer eines Oppositionellen. Die Software, hergestellt von Gamma, ist nach Angaben des Herstellers geeignet, in Computersysteme einzudringen, sie fernzusteuern, das infizierte Gerät zu überwachen und selbst verschlüsselte Daten auszulesen. Die Firma Trovicor soll Behörden in Bahrain bei der Wartung von solcher Software geholfen haben.

Eine Sprecherin sagte auf Anfrage des Tagesspiegels, über Kunden könne man keine öffentlichen Aussagen machen. Der Geschäftsführer von Gamma International, Martin Münch, wollte ebenfalls keine Angaben über Geschäftsbeziehungen zu Bahrain machen.

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