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Kongo: Der zweitgrößte Staat Afrikas wählt

Kongo hat die Wahl – doch wenig Hoffnung: Alles deutet darauf hin, dass Joseph Kabila Präsident bleibt. Was bedeutet das für das Land?

Wenige Länder haben ihr wirtschaftliches Potenzial derart vergeudet wie der Kongo – der nach Algerien flächenmäßig zweitgrößte Staat Afrikas mit rund 70 Millionen Einwohnern. Obwohl in seinem Boden gewaltige Mengen an Kupfer, Kobalt, Gold und Diamanten schlummern und das Land mit seinem Wasserkraftwerk Inga am Unterlauf des Kongoflusses weite Teile des Kontinents beleuchten könnte, sterben jedes Jahr Zehntausende seiner Menschen an vermeidbaren Krankheiten, bitterer Armut und politischer Gewalt. Auch bei der gestrigen Parlaments- und Präsidentschaftswahl kam es zu Ausschreitungen. Unter anderem wurden 15 Wahllokale in Brand gesetzt, elf Menschen starben.

Schon das Ende des Wahlkampfs am Wochenende war blutig. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern des seit zehn Jahren regierenden Präsidenten Joseph Kabila (40) und Oppositionsführer Etienne Tshisekedi (78) kamen in der Hauptstadt Kinshasa mehrere Menschen ums Leben. Tshisekedi war insgesamt durch einen aggressiven Wahlkampfstil aufgefallen: So hatte er sich erst vor zwei Wochen von seinem Krankenbett in Südafrika vorzeitig zum Präsidenten ausgerufen und seine Anhänger gedrängt, zur Befreiung von Gesinnungsgenossen das Gefängnis in Kinshasa zu stürmen. Zudem hat er seine Anhänger auch bereits zu Protesten aufgerufen, falls er verlieren sollte.

Allerdings ist die Regierung an der Eskalation alles andere als schuldlos. Seit langem klagen internationale Beobachter und die Opposition über die extrem nachlässige Vorbereitung der Wahlen, die selbst einen funktionierenden Staat vor enorme logistische Hürden stellen würde. So sollten die mehr als 60 000 Wahllokale im Land bis Freitagabend mit Wahlzetteln beliefert worden sein – in einem Land so groß wie Westeuropa. Die verspätete Lieferung von Wahlmaterial sowie die Entdeckung bereits mit Stimmzetteln gefüllter Wahlurnen war nach Angabe von Augenzeugen auch der Auslöser der gestrigen Ausschreitungen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Politik eine der wenigen Möglichkeiten bietet, um zu Wohlstand zu gelangen. Kein Wunder, dass sich 20 000 Kandidaten um die 500 Sitze im Parlament bewerben. Kabila hat es mit zehn Gegenkandidaten zu tun. Der Amtsinhaber gilt schon deshalb als Favorit, weil er durch eine vor kurzem verfügte Verfassungsänderung nur eine einfache Mehrheit zum Sieg braucht. Zudem verfügte nur er über eine gut funktionierende Wahlkampfmaschinerie.

Es sind erst die zweiten demokratischen Wahlen seit der Unabhängigkeit von Belgien 1960. Bis 1997 war der Kongo mehr als 30 Jahre lang von Diktator Mobutu Sese Seko beherrscht worden. Kongos Einwohner haben nie von den Reichtümern ihres Staates profitiert, zumal auch der Präsident Laurent Kabila, und nun dessen Sohn Joseph, der nach der Ermordung des Vaters 2001 übernahm, ähnlich unverfroren das Land ausbeuteten. Staatliche Strukturen sucht man weitgehend vergeblich. Es gibt quasi keine demokratische Institutionen und auch kaum Infrastruktur. Auch werden noch immer nur knapp drei Prozent der Fläche des Kongo landwirtschaftlich genutzt.

Allerdings erwartet niemand von Kabila größere Fortschritte. So ist die Armee des Landes noch immer kaum zu kontrollieren. Anders als in Mosambik, wo die neue Regierung einst die Soldaten nach dem Frieden mit den Rebellen in die Kasernen zurückpfiff und ins Zivilleben integrierte, hat der Kongo dies verpasst. Entsprechend verworren bleibt die Lage in weiten Teilen des Landes, insbesondere im Osten. Kabilas allgemein erwartete Wiederwahl dürfte international nur begrüßt werden, weil sie wohl für ein Mindestmaß an Stabilität sorgen wird.

Die nationale Wahlkommission will am 6. Dezember ein vorläufiges Ergebnis verkünden. Daraufhin können die Kandidaten Einspruch erheben. Das endgültige Resultat soll am 17. Dezember feststehen.

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