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Er gilt als strategischer Kopf, scharfer Intellektueller und Mann der klaren Worte: General Abdel Fattah al-Sisi, Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der ägyptischen Armee, könnte Präsident Mursi zu Fall bringen.

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Update

General Abdel Fattah al-Sisi: Der Strippenzieher von Ägypten

Vor einer Woche drohte General Abdel Fattah al-Sisi, Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der Armee, man werden eingreifen, um die Nation vor „dem dunklen Tunnel innerer Kämpfe“ zu bewahren. Nun ist das von der Armee gesetzte Ultimatum abgelaufen. Und der Staatstreich läuft an.

Kurz nach Ablauf eines Ultimatums der ägyptischen Streitkräfte gegen Präsident Mohammed Mursi ist ein Staatstreich angelaufen. Das teilte der Sicherheitsberater von Mursi am Mittwoch mit. Es sei zu befürchten, dass Armee und Polizei nun gewaltsam gegen Anhänger des Präsidenten vorgingen.

Gegen Mursi hatten in den vergangenen Tagen Millionen Ägypter demonstriert. Das Ultimatum der Armee war um 17.00 Uhr abgelaufen, ohne dass sich ein Ausweg abzeichnet. Auf dem Tahrir-Platz haben sich Hunderttausende Menschen versammelt, die Fahnen schwenken.

Im ägyptischen Polit-Drama spielt General Abdel Fattah al-Sisi die Schlüsselrolle. Der Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der Armee gilt als strategischer Kopf, scharfer Intellektueller und Mann der klaren Worte. Vor einer Woche drohte er, die Armee werde eingreifen, um die Nation vor „dem dunklen Tunnel innerer Kämpfe“ zu bewahren. Die Zerstrittenheit des Landes habe ein Ausmaß erreicht, das die Grundlagen des gesamten Staates gefährde. Am Montag, einen Tag nach den beispiellosen Massenprotesten, stellte er Präsident Mohammed Mursi und seinen Kontrahenten aus dem liberalen Lager ein 48-Stunden-Ultimatum, die Forderungen des Volkes zu erfüllen und „den historischen Umständen gerecht zu werden“. Anderenfalls werde das Militär einen eigenen „Fahrplan für die Zukunft“ vorlegen und durchsetzen. Nach der aufgebrachten und streckenweise wirren Rede Mursis in der Nacht zu Mittwoch, er werde nicht zurücktreten und eher sein Blut für die Heimat opfern, sind in Kairo die Würfel gefallen. „Wir schwören bei Gott, auch wir werden unser Blut opfern für Ägypten und sein Volk, um es gegen Terroristen, Radikale und Narren zu verteidigen“, retournierte Sissi auf der Facebook-Seite der Armee.

Im August vergangenen Jahres von dem damals gerade frisch gewählten Mursi zum neuen Oberbefehlshaber ernannt, wurde Sisi einer der jüngsten Verteidigungsminister in der modernen Geschichte Ägyptens. Am 19. November 1954 in Kairo geboren, absolvierte der Armeechef zunächst eine Ausbildung an der Militärakademie. An den Kriegen Ägyptens gegen Israel 1967 und 1973 war er nicht als Soldat beteiligt. Sisi kommandierte Einheiten der Infanterie, stieg 2008 auf zum Kommandeur des Armeebereichs Nord mit Sitz in Alexandria. Nach dem Sturz von Hosni Mubarak im Februar 2011 wurde er Chef des militärischen Nachrichtendienstes und gleichzeitig jüngstes Mitglied im herrschenden Obersten Militärrat. Im März 2011 erlangte er zweifelhafte Bekanntheit, als er öffentlich die sexuellen Übergriffe von Soldaten auf Demonstrantinnen in Form so genannter Jungfrauentests rechtfertigte. Nach einem Sturm der Entrüstung ruderte Sisi zurück und sagte gegenüber Amnesty International zu, die Armee werde derartige Übergriffe künftig nicht mehr dulden.

Sisi gilt als praktizierender Gläubiger, frommer Muslim und ein glühender Verehrer des arabisch-nationalistischen Präsidenten Gamal Abdul Nasser. Als junger Offizier verbrachte der 58-Jährige einige Jahre als Militärattaché in Saudi-Arabien. Seine Verbindungen nach Washington gelten als ausgezeichnet, sowohl zu der Führung der US-Armee, als auch zum Pentagon, was Ägyptens Streitkräfte jährlich mit 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe unterstützt. Das Training für die höhere Offizierslaufbahn absolvierte Sisi 2006 am „US Army War College“ in Pennsylvania. Sein damaliger Ausbilder Steve Gerras, bei dessen Familie er gelegentlich zu Gast war, hat ihn als warmherzig und introvertiert in Erinnerung. Sisi sei es sehr wichtig gewesen, möglichst viel von der amerikanischen Kultur zu lernen, gleichzeitig aber den Amerikanern etwas mitzugeben von der arabischen Kultur. Über die politischen Verhältnisse in seiner Heimat habe man damals nie ausdrücklich gesprochen. „Sisi war aber überzeugt, dass Ägypten demokratischer werden wird – und dass die USA dabei eine wichtiger Verbündeter sein könnten.“ (mit Reuters)

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