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FDP-Chef Christian Lindner.

© imago images/Christian Spicker

Der Streit zwischen Union und FDP eskaliert: Der Ton wird rauer, die Attacken heftiger

Die Liberalen kritisieren die Corona-Politik der Regierung, CSU-Chef Markus Söder kontert, indem er die FDP in die Nähe der AfD rückt. Was steckt dahinter?

Der Angriff gab schon mal einen Vorgeschmack darauf, was den Liberalen im Bundestagswahlkampf blühen könnte. Die FDP, so sagte Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder am Montag, sollte „überlegen, ob der Kurs, den sie sich da gemeinsam mit der AfD auferlegt, wirklich der richtige fürs Land ist“.

Der Vorwurf ist nicht neu: Seit der AfD-gestützten Wahl des Thüringer FDP-Chefs Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten hängt den Liberalen der Ruf an, sie würden die politischen Abstandsregeln nach rechts außen nicht immer einhalten.

Darum ging es Söder mit seinem Angriff jedoch nicht. Der CSU-Chef reagierte vielmehr auf die anhaltende Kritik der Liberalen an der Corona-Politik der Bundesregierung, die von der FDP als zu streng, aber auch als chaotisch wahrgenommen wird. Die Freidemokraten fordern, den Bundestag stärker einzubinden.

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Hinter dem aktuellen Streit zwischen Union und FDP steckt aber noch mehr: er zeigt, dass sich die zwei Parteien auseinanderleben. Erinnerungen an die abgebrochenen Jamaika-Sondierungen im Herbst 2017 werden wach, als sich die FDP von der Union unfair behandelt sah – und aus den Gesprächen ausstieg.

Auch aktuell ist das Verhältnis der beiden einstigen Wunschpartner angespannt. „Was hat die Corona-Politik mit Markus Söder gemacht, dass er die FDP in die Nähe der AfD rückt, weil wir an der Beteiligung der Parlamente bei Eingriffen in Grundrechte festhalten und die Wirksamkeit von Maßnahmen begründet sehen wollen?“, fragte Lindner am Montag. Sein Parteikollge Konstantin Kuhle schrieb bei Twitter, Söder habe sich über Jahre „in einem strammen Rechtskurs auf den Fersen der AfD“ befunden. Der Vorwurf an die FDP sei deshalb ein „Witz“.

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In dem Konflikt schimmert bereits zweierlei durch fürs Wahljahr 2021. Zum einen versucht die FDP, sich als Partei der Bürgerrechte neu zu inszenieren. Dabei weiß sie sogar Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) auf ihrer Seite. Der fordert, „dass der Bundestag seine Rolle als Gesetzgeber und öffentliches Forum deutlich machen muss, um den Eindruck zu vermeiden, Pandemiebekämpfung sei ausschließlich Sache von Exekutive und Judikative“. Er habe eine Expertise erarbeiten lassen, wie der Bundestag die „Rechtssicherheit aller Maßnahmen“ verbessern könne. Das ist genau im Sinn der Liberalen. Nur dringen sie mit ihrer fast gleichlautenden Botschaft kaum durch.

Der aktuelle Streit zeigt zum zweiten, wie sehr die Liberalen Söder fürchten müssen. Lindner kennt ihn lange: seine Spiele-Fähigkeiten, sein Talent, eine Stimmung blitzschnell zu erkennen. Wird er Kanzlerkandidat der Union, würde er versuchen, die FDP kleinzuhalten – und dabei sicher bald wieder den Vorwurf der AfD-Nähe hervorziehen.

Angriffslustig: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Angriffslustig: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

© AFP/Peter Kneffel

Als Regierungsoption würde Söder zudem wohl Schwarz-Grün bevorzugen. Das bedeutet: Die Union könnte im Bundestagswahlkampf beruhigt im FDP-Lager wildern, wenn sie die Liberalen als Mehrheitsbeschaffer nicht braucht. Für die FDP ist das eine doppelte Gefahr: Sollte sich vor der Wahl abzeichnen, dass die FDP keine Chance auf eine Regierungsbeteiligung hat, könnte ein Teil ihrer Wähler zur Union wechseln, um die im Verhältnis zu den Grünen zu stärken. Die FDP müsste wie 2013 wieder um den Einzug in den Bundestag bangen.

Lindner weiß, dass er nach dem Jamaika-Debakel eine Machtperspektive braucht. Für sein politisches Überleben muss er es irgendwie in die nächste Regierung schaffen, nach Lage der Dinge als kleinster Partner in einer Koalition mit Union und Grünen oder mit Grünen und SPD.

Daher kann er mit Blick auf das Rennen um CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur nur auf einen hoffen: Armin Laschet. Den kennt und schätzt er aus gemeinsamen Zeiten im nordrhein-westfälischen Landtag, CDU und FDP regieren dort harmonisch – ein Kanzler Laschet würde Lindner sicher nicht unterbuttern. Söder wäre ihm da wohl weniger wohlgesonnen.

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