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Wasserstoff soll künftig für viele Bereiche Energie liefern. In Deutschland selbst wird er jedoch nur bedingt verfügbar sein. Sind Importe allein die Lösung? Drei Experten schätzen die Lage ein.

© picture alliance/dpa/Marijan Murat

Der Energiebedarf in Zukunft : Müssen wir viel Wasserstoff importieren?

Wasserstoff soll künftig für viele Bereiche Energie liefern. In Deutschland selbst wird er nur bedingt verfügbar sein. Sind Importe allein die Lösung? Drei Experten schätzen die Lage ein.

Für die Industrie, zur Stromerzeugung, für Fernwärme und Teile des Schwerlastverkehrs soll schon bald Wasserstoff klimaneutrale Energie liefern. Doch viel hat sich in Sachen Aufbau der heimischen Wasserstoff-Produktion und auch für den Transport und die Speicherung noch nicht getan. Das sonnen- und windreiche europäische Ausland bietet bessere Produktionsbedingungen.

Wird die Wasserstoff-Knappheit nur über Importe zu lösen sein? Drei Experten geben ihre Einschätzung ab. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Die Verfügbarkeit in Deutschland bleibt dauerhaft begrenzt

Wasserstoff wird die vierte Säule der Klimaneutralität. Wir müssen aber unterscheiden zwischen Wasserstoff für Industrie, Stromerzeugung, Fernwärme und Teile des Schwerlastverkehrs. Darüber hinaus gibt es daraus hergestellte Derivate wie zum Beispiel Ammoniak, Methanol und synthetische Flugtreibstoffe. Wir brauchen sie für Industrie, Flug- und Schiffsverkehr.

Für die Herstellung beider Gruppen wird vor allem grüner Strom benötigt. Auch wenn wir hier die Produktion vervier- oder verfünffachen können, bleibt die Verfügbarkeit in Deutschland dauerhaft begrenzt. Wegen limitierter Flächen und weil viel Strom direkt in Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und neue Industrieanwendungen fließen wird. Wasserstoff wird mittel- und langfristig also großenteils importiert werden müssen.

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Hier kommt der Unterschied ins Spiel: Wasserstoff zu transportieren, ist nur mit Pipelines wirtschaftlich. Er wird deshalb aus dem sonnen- und windreichen europäischen Ausland oder Nordafrika stammen müssen. Wasserstoffderivate dagegen sind aufwändiger herzustellen, aber besser zu transportieren. Sie können per Schiff auch aus weit entfernten Regionen wie Südamerika, dem südlichen Afrika und Australien kommen.


Wir brauchen Wasserstoff schnell, ausreichend und kosteneffizient

Deutschland ist Energieimportland und wird es auch in Zukunft bleiben. Der Aufbau der heimischen Wasserstoff-Produktion und der Wertschöpfungsketten ist für den Standort Deutschland ebenso wichtig und zeitkritisch wie der Aufbau von Importbeziehungen. Wir brauchen schnell ausreichend und möglichst kosteneffizient erneuerbaren und dekarbonisierten Wasserstoff.

Ein besonderer Fokus muss dabei auf der EU und der europäischen Nachbarschaft liegen. Unser gemeinsames Gaspipelinenetz ist hierfür sehr wichtig, um die Wasserstoff-Produktion in Europa mit den großen Verbraucherregionen zu verbinden. Darüber hinaus müssen wir nachhaltige und strategische Partnerschaften mit den Ländern schaffen, die mit uns am Aufbau eines globalen Marktes und Handelsstrukturen arbeiten und bestehende Energielieferketten dekarbonisieren.

Außerdem müssen wir nachhaltige Entwicklungs- und Technologiepartnerschaften mit sonnen- und windreichen Ländern des Globalen Südens aufbauen. Um das zu schaffen, brauchen wir international anschlussfähige, transparente und klare Regeln und Standards.


Wir brauchen Pipelines und neue Hafenanlagen

Fest steht: Für die bis 2045 versprochene Klimaneutralität wird es auch „grüne“ Moleküle brauchen, nicht nur grünen Strom. Die Bundesregierung möchte sich aber noch nicht festlegen, wie viel Wasserstoff langfristig benötigt wird. Lediglich ein erstes und ungenaues Ziel hat sie in ihrer zu Sommeranfang vorgestellten Wasserstoffstrategie gesetzt: 50 bis 70 Prozent des (noch recht geringen) Bedarfs sollen 2030 mit Importen gedeckt werden.

Wie es danach weitergeht? Die Szenarien von Ministerien, Thinktanks und Wissenschaft zeigen für 2045 eine breite Spanne beim deutschen Wasserstoffverbrauch. Weniger allerdings bei der Importquote: Einfuhren sollen fast durch die Bank die Hälfte bis zwei Drittel des Bedarfs decken. Auf jeden Fall geht es also um Importe im großindustriellen Maßstab.

Das heißt: Umrüstung oder Neubau von Pipelines ist notwendig, ebenso der Bau neuer Hafenanlagen. Und vor allem: Verlässliche Lieferländer finden. Angesichts begrenzten Potenzials in Europa, steigendem Eigenbedarf in vielen Schwellenländer und einer fragilen Weltordnung wird das vermutlich die schwierigste Aufgabe.

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