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Die Partei von Irlands Regierungschef Leo Varadkar kommt in den Meinungsumfragen nur auf Platz drei.

© AFP

Irlands Premier Leo Varadkar: Der Brexit-Held muss um sein Amt bangen

Der Brexit bescherte Irlands Premier Leo Varadkar große Popularität. Doch bei der Parlamentswahl am Samstag muss er ums politische Überleben kämpfen.

Der Brexit hat Leo Varadkar zu einiger Popularität in seinem Land verholfen. Wann immer es galt, die Interessen Irlands gegen den britischen Premierminister Boris Johnson oder dessen Vorgängerin Theresa May zu verteidigen, dann war Varadkar zur Stelle. Und unmittelbar vor dem Brexit merkte der irische Regierungschef vor einigen Tagen leicht hämisch an, dass Großbritannien sich nach dem Austritt aus der EU noch in seine neue Rolle als „kleines Land“ hineinfinden müsse.

Allerdings dürfte sich Varadkar selbst in diesen Tagen alles andere als stark fühlen. Denn bei der Parlamentswahl am kommenden Samstag könnte er sein Amt verlieren. Seine Regierungspartei Fine Gael liegt laut Meinungsumfragen nur an dritter Position.

Der Brexit ist durch - und das Tolerierungsbündnis ist obsolet

Dass Varadkar die vorgezogenen Wahlen überhaupt ansetzte, hat auch etwas mit dem Brexit zu tun. Als der Vorsitzende der Mitte-rechts-Partei Fine Gael 2017 Regierungschef wurde, übernahm er eine Minderheitsregierung von seinem Vorgänger und Parteifreund Enda Kenny. Varadkars Regierung wird toleriert von der größten Oppositionspartei, der konservativen Fianna Fail. 2018 wurde der politische Nichtangriffspakt zwischen den beiden Parteien erneuert, um eine stabile Regierung in Dublin inmitten der Brexit-Wirren zu gewährleisten. Jetzt ist der Brexit vollzogen, und damit entfällt auch die Geschäftsgrundlage für das Tolerierungsabkommen.

Mit Varadkar erneuerte sich die irische Politik

Als Varadkar 2017 im Alter von 38 Jahren ins Amt kam, war er der jüngste Regierungschef in der irischen Geschichte. Der Sohn einer irischen Krankenschwester und eines Arztes aus Mumbai verkörperte seinerzeit den gesellschaftlichen Wandel in dem bis heute vom Katholizismus geprägten Land. Diesen Wandel hatte Varadkar, der mit einem Arzt zusammenlebt, 2015 nach Kräften mitbefördert, als er sich im Verfassungsreferendum für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe einsetzte. Beim Volksentscheid sprach sich damals eine deutliche Mehrheit für die Homo-Ehe aus. Als Irland dann im vergangenen Jahr ins Zentrum der Aufmerksamkeit bei den Brexit-Verhandlungen geriet, bekam Varadkars Popularität noch einmal einen Schub.

Krise im Gesundheitssystem

Doch von den damaligen Beliebtheitswerten ist nicht viel übrig geblieben. Irland hat sich zwar nach der Finanzkrise des Jahres 2008 wieder wirtschaftlich erholt. Allerdings könnten für die Parlamentswahl am Samstag nicht die guten Wirtschaftsdaten entscheidend sein, sondern die zunehmende Wohnungsnot und die Missstände im Gesundheitssystem auf der Grünen Insel. Krankenhäuser wie das Limerick University Hospital und das Cork University Hospital beklagen ständig steigende Patientenzahlen, die allerdings nicht durch eine Aufstockung beim Personal und bei der Zahl der Krankenhausbetten aufgefangen werden.

Die Krise im Gesundheitswesen nutzten die Regierungsgegner im Parlament, um ein Misstrauensvotum gegen Gesundheitsminister Simon Harris anzusetzen. Dem Votum, das für die Regierung mit einiger Sicherheit verloren gegangen wäre, ist Varadkar nun mit den Neuwahlen am Samstag zuvorgekommen.

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