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Schloss Sanssouci in Potsdam.

© ZB/Bernd Settnik/dpa

Lockerungen der Maßnahmen in Brandenburg: Demos und Museumsbesuche trotz steigender Corona-Zahlen

Neue Freiheiten für Brandenburger: Die Kenia-Koalition interpretiert den Corona-Beschluss von Bund und Ländern liberal. Die neuen Regeln im Bundesländer-Vergleich.

Die Corona-Zahlen steigen in Brandenburg immer weiter. Nach Daten, die der Tagesspiegel aus allen Landkreisen zusammengetragen hat, verbreitet sich das Virus in Brandenburg derzeit von allen Bundesländern am schnellsten. Die Verdopplungszeit der Fallzahlen beträgt hier 15 Tage. Zum vergleich: In Mecklenburg-Vorpommern und Bremen liegt die Zahl bereits bei 20 Tagen, in Berlin bei 18.

2.255 Menschen sind in Brandenburg infiziert, 79 Menschen sind gestorben. Zuletzt war das Potsdamer Ernst von Bergmann Klinikum nach einem Corona-Ausbruch mit vielen Toten in den Schlagzeilen. Trotzdem hat die Kenia-Koalition unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag viele bestehende Corona-Maßnahmen gelockert.

Am Mittwoch hatten Bund und Länder beschlossen, welche Regeln künftig gelten sollen. So sollen Läden bis 800 Quadratmetern wieder öffnen, Abschlussklassen wieder zur Schule gehen. Für die Umsetzung sind aber die einzelnen Landesregierungen verantwortlich.

Verfassungsgericht kippt allgemeines Verbot

Brandenburg hat insbesondere in den Bereichen Freizeit und Religion liberale Interpretationen des Beschlusses gewählt. Ein wichtiger Bestandteil: In Brandenburg darf wieder demonstriert werden - vorausgesetzt, der nötige Abstand wird eingehalten und Hygieneregeln beachtet.

Die Einschränkung des Demonstrationsrechts ist einer der größten Streitpunkte in der Coronakrise. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass Demonstrationen nicht generell mit Verweis auf die Corona-Beschränkungen verboten werden dürfen. Es gebe weiterhin einen Spielraum, sie unter bestimmten Bedingungen zu gestatten, entschieden die Richter in Karlsruhe.

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Die Entscheidung hatte anderswo in Deutschland schon Folgen: Die Stadt Gießen hatte eine Demo zunächst verboten, musste diese Entscheidung aber überprüfen. Am Freitag konnte die Demo mit 40 bis 50 Teilnehmern unter Einhaltung der Abstandsregeln stattfinden. Auch in München wurde demonstriert. Offiziell erlaubt sind Kleindemos aber auch in bayern noch nicht.

Demos mit bis zu 20 Teilnehmern sind erlaubt

Brandenburg schafft mit seinen Lockerungen jetzt Tatsachen. Das generelle Versammlungs- und Demonstrationsverbot wird aufgehoben, ab dem 20. April können Versammlungen von bis zu 20 Personen unter freiem Himmel wieder zugelassen werden. Voraussetzung ist die Einhaltung von Hygienebestimmungen und eine Genehmigung der örtlichen Versammlungsbehörde.

In der Berliner Corona-Regelung vom 23. März ist bereits verankert, dass bis zu 20 Personen an Versammlungen teilnehmen dürfen, wenn diese vorher vom Gesundheitsamt genehmigt wurde. Brandenburg und Berlin wollen sich bei den Lockerungen abstimmen, in Berlin soll aber erst am kommenden Dienstag über die neuen Regeln entschieden werden.

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Einem Bericht der "Thüringer Allgemeine" zufolge plant auch die Landesregierung in Thüringen Ausnahmen beim Versammlungsverbot. Ab dem 4. Mai sollten in besonderen Einzelfällen Versammlungen in geschlossenen Räumen mit bis zu 30 Menschen wieder genehmigt werden, wie die Zeitung berichtet. Es müsste aber der Sicherheitsabstand von anderthalb Metern und Hygienevorschriften gewährleistet sein.

Für Versammlungen unter freiem Himmel will das Land dem Bericht zufolge 50 Menschen zulassen. Dieselben Regelungen sollen demnach auch für Gottesdienste und andere religiöse Zusammenkünfte gelten.

Ein weiterer Streitpunkt: Gottesdienste

Religiöse Zusammenkünfte sind ein weiterer Streitpunkt in der Corona-Krise. Ministerpräsident Woidke und seine Regierung wollen in Brandenburg Taufen, Bestattungen und Trauerfeiern mit bis zu 20 Teilnehmern erlauben. Ob Gottesdienste erlaubt werden, werde derzeit geprüft.

Als erstes Bundesland ist hier Sachsen vorangeprescht und erlaubt von Montag an Gottesdienste. Darauf hat sich das sächsische Kabinett verständigt, wie Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Freitag in Dresden sagte. Erlaubt seien 15 Teilnehmer bei religiösen Versammlungen sowie zusätzlich ein Pfarrer und ein Kantor.

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg.
Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg.

© ZB/Soeren Strache/dpa

Rituale wie Beerdigungen, Trauerfeiern, Trauungen oder Taufen könnten ebenfalls mit bis zu 15 Besuchern begangen werden. Allerdings gelte diese Regelung nicht für anschließende Feiern im Familien- und Freundeskreis, so Kretschmer. Die Regierungen in Bayern und im Saarland wollen prüfen, ob Gottesdienste zu Pfingsten wieder möglich sind. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) stellt in Aussicht, dass Gottesdienste bald wieder stattfinden dürfen.

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Nordrhein-Westfalen erlaubt in der Krise bereits mehr als andere Länder, was private Veranstaltungen angeht. Dort sind private Zusammenkünfte und Ansammlungen, beispielsweise in der Wohnung oder im Garten, auch mit mehr als zwei Personen aus unterschiedlichen Haushalten erlaubt.

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Dazu gehören „ein Abendessen mit Freunden oder auch eine Geburtstagsfeier in einem gewöhnlichen Umfang“, wie die NRW-Regierung dem WDR mitteilte. Öffentliche Versammlungen und Veranstaltungen im „strukturierten Rahmen“ sind hingegen weiterhin verboten.

Museen, Bibliotheken und Zoos öffnen wieder

Brandenburg geht auch bei den Themen Freizeit und Kultur einen liberalen Weg. Museen, Galerien und Ausstellungshallen ab dem kommenden Mittwoch bei Hygiene- und Abstandsauflage wieder aufmachen. Auch Thüringen hat die Öffnung von Museen und Bibliotheken am 27. April angekündigt, Sachsen-Anhalt folgt am 4. Mai.

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Auch Tierparks und Wildgehege dürfen unter dieser Voraussetzung aufmachen, allerdings keine Tierhäuser. Eine Öffnung von Kultureinrichtungen und Zoos war im Beschluss von Bund und Ländern nicht vorgesehen. Neben Brandenburg gehen mehrere Länder gehen trotzdem diesen Weg. Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sollen Zoos wiedereröffnet werden, in Berlin soll das voraussichtlich am letzten Aprilwochenende geschehen.

Viele andere Länder sind deutlich strenger: In Bayern etwa bleiben kulturelle Einrichtungen, Zoos und botanische Gärten bis auf weiteres geschlossen. Zuvor hatten sich Zoodirektoren beklagt, dass sie ihre Tiere nicht mehr ernähren können. Ein Zoo in Neumünster hatte sogar angekündigt, notfalls Tiere schlachten und an andere verfüttern zu müssen.

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