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Aktivisten der Ennahda-Partei schwenken Tunesiens Flagge.

© Reuters

Tunesien in der Regierungskrise: Demonstration für islamistische Regierungspartei in Tunis

Gesprächsbereitschaft ist da, aber Tunesien steckt weiter in einer Regierungskrise fest. In Tunis unterstützen Demonstranten führende Islamisten. Sie wollen die Macht nicht an ein Expertenkabinett abgeben.

Mit einer als „Marsch der Millionen“ angekündigten Demonstration haben am Samstag mehrere zehntausend Menschen die islamistische Ennahda-Partei in der tunesischen Regierungskrise unterstützt. In Tunis skandierten Aktivisten Parolen für eine starke Partei: „Die Unterstützung von Ennahda ist Pflicht!“ Die Ennahda-Demonstranten attackierten mit Parolen auch Medien, Opposition und die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, nachdem der französische Innenminister Manuel Valls vor einem „islamistischen Faschismus“ gewarnt hatte.

Im Streit um eine Kabinettsumbildung hatte die führende Regierungspartei zur Demonstration aufgerufen. Die Spitze von Ennahda wehrt sich gegen die Schaffung eines Expertenkabinetts. Dies hatte der als gemäßigt geltende Premierminister Hamadi Jebali, selbst Ennahda-Mitglied, gefordert. Die wichtigsten Oppositionsparteien sowie Arbeitgeber und Gewerkschaften unterstützen Jebalis Vorschlag hingegen. Gleichzeitig drohte Jebali seinen Rücktritt an, falls seine Vorstellung nicht umgesetzt wird.

Während einer Kundgebung sprach sich Ennahda-Chef Rached Ghannouchi erneut gegen eine Ministerriege ohne Politiker aus. „Ennahda bleibt an der Macht, solange die Menschen sie wählen“, sagte Ghannouchi. Die Partei werde die Macht nicht aufgeben. „Das Ziel einer Regierung von Technokarten ist ein Putsch gegen die Rechtmäßigkeit“ der Regierung. Die Revolution müsse verteidigt werden.

Die Verhandlungen zur Lösung der Krise in Tunesien sollen am kommenden Montag weitergeführt werden. Nach Gesprächen am Freitag hatte Jebali von „Entwicklung und Fortschritt in allen Punkten“ gesprochen. Ein von Jebali bis Samstag gesetztes Ultimatum für eine Einigung hob er am Freitag auf, um weitere Verhandlungen mit den politischen Parteien zu ermöglichen. Wichtiger als Fristen seien die Interessen Tunesiens und eine Lösung für die Menschen, sagte Jebali.

Nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaid vor über einer Woche wollte Regierungschef Jebali mit einer aus Experten bestehenden Regierung die Lage im Land entschärfen. Die Ennahda, deren hochrangige Mitglieder ein Technokraten-Kabinett ablehnen, führt die Übergangsregierung. Diese Regierung war im Ursprungsland des Arabischen Frühlings nach dem Sturz von Langzeitherrscher Zine al Abidine Ben Ali im Januar 2011 gebildet worden. Beteiligt sind an der Regierung auch die Mitte- Links-Partei CPR um Staatspräsident Moncef Marzouki und die sozialdemokratische Partei Ettakatol von Mustapha Ben Jaafar. Er leitet auch die verfassungsgebende Versammlung. (dpa/AFP)

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