zum Hauptinhalt
Union und FDP wollen eine Lohnuntergrenze. Trotzdem ist vor der Wahl kaum noch mit einem Mindestlohn zu rechnen.

© dpa

Nach FDP-Beschluss zur Lohnuntergrenze: Debatte um Mindestlohn entzweit Koalition

Union und FDP wollen mittlerweile beide eine Lohnuntergrenze. Wie genau die ausgestaltet werden soll, ist zwischen den Koalitionspartner aber umstritten. Die FDP sieht keine Chance für eine eine Regelung vor der Bundestagswahl - anders als die CSU.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die schwarz-gelbe Koalition in dieser Legislaturperiode noch auf eine gemeinsame Mindestlohn-Regelung einigt, ist trotz der Kehrtwende der FDP auf ihrem jüngsten Parteitag gering. „Man sollte beim Thema Mindestlohn vor der Bundestagswahl nicht mehr allzu viel erwarten“, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring dem Tagesspiegel. „Gesetzgeberische Aktivitäten halte ich angesichts der Blockade im Bundesrat für unwahrscheinlich und fruchtlos.“ Außerdem lägen die Vorstellungen von FDP und Union „noch etwas auseinander“. Der Hauptunterschied sei, dass die FDP auf einer regionalen und branchenspezifischen Differenzierung beharre. Man könne aber „gerne“ Gespräche führen, sagte Döring.

In der Union herrscht ebenfalls Skepsis hinsichtlich einer schnellen Einigung. Man habe ja nur noch vier Sitzungswochen, sagte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der Fraktion, Peter Weiß (CDU). Aus seiner Sicht würde es seiner Partei auch besser bekommen, mit einem umfassenderen Mindestlohn-Konzept „ohne weiße Flecken“ in den Wahlkampf zu ziehen. „Es wäre ein bisschen wenig, nur eine Öffnung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für weitere Branchen anzukündigen, wie das jetzt die FDP beschlossen hat“, sagte Weiß dem Tagesspiegel. Außen vor blieben dann nämlich auch weiterhin die Wirtschaftszweige, in denen sich die Arbeitgeber gemeinsamen Mindestlohnanträgen verweigern.

Die FDP sei beim Mindestlohn nun „gerade mal so weit wie die CDU vor fünf Jahren“, lästern Unionsexperten hinter vorgehaltener Hand. Gleichwohl sei der FDP- Beschluss „bemerkenswert“, betonte Weiß. Er eröffne die Möglichkeit, auch Regelungen für bislang nicht berücksichtigte Branchen wie die Forstwirtschaft, den Einzelhandel oder das Friseurhandwerk zu finden. „Darüber könnten wir sofort einig werden“, sagte der CDU-Politiker.

Vor Döring hatten bereits andere Liberale wie Birgit Homburger oder Wolfgang Kubicki vor allzu schnellem Handeln gewarnt. Mit seiner Aufforderung an die Union, nun möglichst rasch das Gespräch zu suchen, stand der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen FDP, Christian Lindner, damit in seiner Partei ziemlich alleine da. Am Montag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Neupositionierung der Liberalen als „positive Entwicklung“ begrüßt. Man werde die Beschlüsse „gründlich auswerten“ und dann in der Koalition darüber reden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Auch das klang nicht nach Eile.

Etwas mehr Druck kommt von der CSU. „Ich würde es begrüßen, wenn wir vor der Wahl noch zu einem gemeinsamen Beschluss der Koalition kommen könnten“, sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der „Rheinischen Post“. Dies sollte nun zügig geprüft werden. Auch der Obmann der Unions-Fraktion im Finanzausschuss, Hans Michelbach (CSU), rief die Union auf, den Koalitionspartner „bei seinen Beschlüssen zu fassen“ und sich um eine Einigung noch vor der Wahl zu bemühen. „Nachdem sich die FDP bewegt hat, sollte man das Thema jetzt auch abräumen“, sagte Michelbach dem Tagesspiegel. Mit einer Einigung stehe man vor dem Wähler allemal besser da als mit der Ankündigung, sich erst bei den nächsten Koalitionsverhandlungen festzulegen.

Im Vorstand der Unionsfraktion wird das Thema am kommenden Montag diskutiert. Kritik kommt von den Sozialdemokraten. Fraktionsvize Hubertus Heil nannte die FDP-Positionen eine „Mogelpackung“. Die Liberalen wollten regional unterschiedliche Regelungen, die sich an Tarifverträgen orientierten, sagte Heil. „Das bedeutet Lohnuntergrenzen auf niedrigstem Niveau.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false