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Ein britischer Veteran auf dem Friedhof am Omaha Beach.

© Christian Hartmann/Reuters

D-Day-Gedenken: Was den Westen immer noch zusammenhält

Der Jahrestag des D-Days erinnert nicht nur an den Wendepunkt im Krieg. Bei allen Differenzen westlicher Länder bleibt ein gemeinsamer Glaube. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Der D-Day ragt wie ein Relikt aus der Vergangenheit in die Gegenwart hinein. Seine Botschaft – die Verteidigung der Freiheit und der Zusammenhalt des Westens, der sich auf gemeinsame Werte gründet – reibt sich an der schnöden Realität. Wie passt ein Donald Trump in die Feierstunde? Trump missachte diese Werte, interessiere sich nicht für Geschichte und habe sich vor der Wehrpflicht im Vietnamkrieg gedrückt, hebt die „New York Times“ hervor.

Die Landung in der Normandie war ein Wendepunkt auf dem Weg zur Befreiung Europas von Hitlers Diktatur. Das ist jetzt 75 Jahre her. Muss man zwei Generationen später immer noch an den Krieg erinnern, der Europa spaltete, wenn es heute um die gemeinsame Zukunft geht? Ist es richtig, die Kanzlerin dazu zu bitten?

Von dieser Ehrung der lebenden Veteranen und der Gefallenen geht ein Signal aus, das der Westen heute vielleicht dringender braucht als je zuvor seit 1944. Ist er willens, sich und seine Werte zu verteidigen? Natürlich nicht in dummen und leichtfertigen Konflikten. Der Krieg gegen Hitler war ein gerechtfertigter Krieg, der die Opfer wert war, sagte ein Veteran in Portsmouth.

Es war der Anfang der Befreiung für die Deutschen

Ganz Europa darf dankbar sein für die Entschlossenheit der Kriegskoalition. Die Landung leitete nicht nur für Franzosen, Niederländer und Belgier die Befreiung ein. Eine Befreiung war es auch für die Deutschen. In was für einer Gesellschaft wären die nach 1945 Geborenen aufgewachsen, wenn Hitler nicht besiegt worden wäre?

Gerade weil heute in Frage steht, ob es den Westen noch gibt, ist es gut, sich auf die gemeinsamen Werte zu besinnen. Bei allen Differenzen verbindet der Glaube an die liberale Weltordnung, an Grundrechte, Demokratie und Rechtsstaat die meisten Bürger des Westens. Und unterscheidet so ihre Staaten von China, Russland oder Venezuela.

Gewiss, es gibt Streit mit Trump über Freihandel, über den Umgang mit dem Iran. Streit zwischen Deutschland und Frankreich über Rüstungsexporte. Streit in Europa über Migration, über Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit, über das richtige Maß von nationaler Selbstbestimmung und europäischer Integration.

Würden Deutsche für die Freiheit Verbündeter ihr Leben riskieren?

Aber die Bürger in Europa und Amerika haben freie Wahlen, auch unter Trump. Sie können Gerichte anrufen und dort Recht bekommen. In China und Russland ist das nicht so. Im Westen gibt es ein freies Internet, in China nicht.

Der D-Day erinnert daran, was diesen Westen immer noch zusammenhält. Und daran, dass Amerikaner und Briten bereit waren, für die Freiheit der nun Verbündeten ihr Leben zu riskieren. Sind auch die Deutschen heute dazu bereit? Oder sind sie auf ihre Weise im Zweifel Drückeberger, auf die Alliierte nicht bauen können? Laut Umfragen will gut die Hälfte der Deutschen Verbündete nicht verteidigen. Dann hatte ihre Kanzlerin in Portsmouth nichts verloren.

In Wahrheit ist es doch umgekehrt: Je fester Europäer und Amerikaner zu diesen Werten stehen, desto geringer das Risiko, dass je wieder ein D-Day nötig wird.

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