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Die offizielle Corona-Warn-App auf einem Smartphone

© dpa/Oliver Berg

Update

Kampf gegen das Coronavirus: Corona-App mit inzwischen mehr als sechs Millionen Downloads

Seit Dienstag gibt es die Corona-App des Bundes. Sie legt erfolgreich los, ihre Wirkung wird diskutiert. Wartung und Pflege kosten pro Jahr 45 Millionen Euro.

Die am Dienstag gestartete Corona-Warn-App des Bundes haben sich laut Bundesgesundheitsministerium nach einem Tag rund 6 Millionen Smartphone-Besitzer heruntergeladen. Laut dem Chef des an der Entwicklung beteiligten Softwarekonzerns SAP, Christian Klein, sind es 6,5 Millionen Downloads.

Die App soll das Nachverfolgen von Infektionen leichter und schneller machen. Dafür kann sie messen, ob sich Handynutzer über eine längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen sind. Ist ein Nutzer positiv getestet worden und hat dies in der App geteilt, meldet sie nachträglich anderen Anwendern, dass sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Dann kann man sich testen lassen.

Drosten zuversichtlich, Kekulé skeptisch

Der Virologe Christian Drosten verspricht sich von der App einen „guten Effekt“ auch im Fall von relativ niedrigen Nutzerzahlen. Selbst dann könne „an vielen Stellen ein entscheidender Unterschied“ erzielt werden, sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité in Berlin am Dienstag im NDR-Podcast. Die App sei ein „entscheidend wichtiges Werkzeug“, um die Zahlen niedrig zu halten. Bei der Suche nach Kontakten eines Infizierten komme es schließlich vor allem auf Geschwindigkeit an: Müssten da erst Telefonketten losgehen, gehe wichtige Zeit verloren, sagte er.

Der Epidemiologe Alexander Kekulé dagegen befürchtet, dass die App zu vielen Fehlalarmen führen wird. Das Smartphone könne zum Beispiel keine schützenden Plexiglasscheiben erkennen oder ob Kontaktpersonen einen Mundschutz getragen hätten, sagte Kekulé im Podcast von MDR Aktuell. Außerdem registriere die Technik nicht, wo sich Menschen begegnet seien, ob draußen oder in einem engen Raum. „Wichtige gefährliche Kontakte können von der App gar nicht festgestellt werden.“

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Der Mediziner von der Universität Halle erklärte, das Warnsystem könne „erst richtig funktionieren, wenn wir auch Angaben über den Raum haben“. Das sei aber in der neuen Version aus Datenschutzgründen nicht geplant. Nach Einschätzung Kekulés wird es durch die App keine angekündigte Entlastung für die Gesundheitsämter geben, die nun zusätzliche Meldungen nachverfolgen müssen.

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Ärztepräsident sieht App als „wichtigen Baustein gegen die Pandemie“

Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes setzt auf die App. „Ich habe die App geladen und bin davon überzeugt, dass sie ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Pandemie ist“, sagte Frank Ulrich Montgomery in einem Interview der „Passauer Neuen Presse“. „Wenn sich die große Mehrheit der Bevölkerung die App herunterlädt und den Empfehlungen folgt, dann kann man davon ausgehen, dass sie weiterhilft“, sagte Montgomery weiter.

Mit der Anwendung ließen sich „Infektionen frühzeitig erkennen und Infektionsherde eindämmen“, so der Weltärztebund-Vorsitzende. Der Erfolg der App hänge auch davon ab, wie sie genutzt werde. „Das wird die Zukunft zeigen.“ Kritik an der App hält er nach eigener Aussage nicht für gerechtfertigt. „Die App, die jetzt gestartet wurde, ist im Rahmen des Machbaren das richtige Instrument“, sagte Montgomery. Sie sei ein „wichtiger Baustein, um die Pandemie weiter eindämmen zu können“. Denn diese bleibe „weiterhin eine Bedrohung.“

Hausärzte rechnen durch App mit mehr Anfragen

Durch die Corona-Warn-App erwarten Hausärzte mehr Beratungsanfragen. „Allgemein tauchen in den Hausarztpraxen derzeit vermehrt Fragen zum Thema Testung auf - auch unabhängig von der App“, sagte der Chef des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, der „Rheinischen Post“ . Unter Patientinnen und Patienten herrsche wegen der Pandemie noch immer große Verunsicherung. „Dieser Aufklärungsbedarf in den Hausarztpraxen wird sicherlich mit der App noch einmal zunehmen.“

Bei einer Warnung durch die App sei es sinnvoll, sich zunächst telefonisch in der Hausarztpraxis zu melden, empfahl der Mediziner. „Ist der Patient über die App gewarnt, hat er dann auch die Möglichkeit, getestet zu werden.“ Telefonisch würden die Hausärzte die Patienten weiterhin so aufklären, wie sie das auch bislang bei möglichen Infizierten getan hätten. Das beinhalte unter anderem medizinische Informationen zu Covid-19 wie etwa Symptome, Ansteckungsrisiken, hygienische Maßnahmen und Informationen über die Funktionsweise der Tests.

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Kosten für Wartung und Pflege der App werden steigen

Für die staatliche Corona-Warn-App fallen nach dem Start weitere laufende Kosten an. Für Wartung, Pflege und Betrieb und anderer Komponenten veranschlagt der Bund in diesem und im kommenden Jahr rund 45 Millionen Euro. Das geht aus Antworten des Finanzministeriums auf Fragen des Linke-Haushaltsexperten Victor Perli hervor. 

Demnach entfallen auf die Telekom-Tochter T-Systems 43 Millionen Euro, auf den Softwarekonzern SAP knapp zwei Millionen Euro. Zudem werden für Werbung vorerst 3,5 Millionen Euro angegeben.

Download-Links für die Corona-Warn-App

Als Kosten für die App--Entwicklung waren von der Bundesregierung bereits rund 20 Millionen Euro genannt worden. Darüber hinaus genannt wurden 2,5 Millionen bis 3,5 Millionen Euro im Monat für die laufenden Betriebskosten, unter anderem für zwei Telefon-Hotlines.

Perli sagte mit Blick auf die aktuellen Gesamtangaben von mehr als 60 Millionen Euro, Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätte diese Zahlen gleich nennen sollen. „In Krisenzeiten muss schnell gehandelt werden. Das darf aber nicht zur Intransparenz des Regierungshandelns führen.“ Die Linke fordere eine gesetzliche Regelung für den Einsatz der App, die wirkliche Freiwilligkeit sicherstelle und Restrisiken für einen Datenmissbrauch so gut es geht ausschließe. (mit dpa,Reuters)

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