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Pu Zhiqiang in einem Archivbild vom 28. Dezember 2012.

© dpa

Chinesischer Bürgerrechtsanwalt Pu Zhiqiang: „Gut simulierte Dummheit? Oder authentisch dumm“

Pu Zhiqiang war 2014 verhaftet worden, jetzt drohen dem Anwalt acht Jahre Gefängnis – für sieben Kurznachrichten im Internet. Ein Porträt

Am ersten Tag der Verhandlung gegen den Menschenrechtsanwalt Pu Zhiqiang ist es vor dem Zweiten Mittleren Volksgericht in Peking zu tumultartigen Szenen gekommen. Zivilpolizisten und Schläger mit Atemschutzmasken und gelben Smiley-Buttons schubsen und schlagen Journalisten und Demonstranten und drängen sogar einen US-Diplomaten ab. „Haut ab hier“, schreien sie, „weg da“, berichten zahlreiche Medien. Mehrere Unterstützer Pus werden verhaftet. Die Vorkommnisse unterstreichen die fehlende Rechtsstaatlichkeit und Willkür der Polizeibehörden in China. Wie auch das gesamte Verfahren gegen Pu Zhiqiang.

Bereits auf dem Tiananmenplatz gehörte er zu den Aktivisten

Der streitbare, 50 Jahre alte Bürgerrechtsanwalt war im Mai 2014 verhaftet worden und erhält erst jetzt, 19 Monate später, eine Verhandlung vor Gericht. Ihm wird „Streitsucht und Unruhestiftung“ sowie „Anstachelung ethnischen Hasses“ vorgeworfen. Als Beweise dafür legt die Anklage sieben Kommentare auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo vor, in denen Pu Zhiqiang die Regierung kritisiert. In einem Kommentar verspottet er die Volkskongress-Abgeordnete Shen Jilan, die stolz erklärt hatte, 60 Jahre lang im Parlament nie ein Gesetzesvorhaben abgelehnt zu haben. „Gut simulierte Dummheit? Oder authentisch dumm“, schrieb Pu. Die meisten seiner über zehntausend Kommentare sind von der Zensur ohnehin gelöscht worden.

Bereits bei den blutig niedergeschlagenen Protesten 1989 auf dem Tiananmenplatz gehörte Pu Zhiqiang zu den Aktivisten. Als Rechtsanwalt spezialisierte er sich auf Menschenrechte und Pressefreiheit, setzte sich gegen die inzwischen abgeschafften Umerziehungslager ein. Pu verteidigte zahlreiche prominente Chinesen vor Gericht, darunter den Künstler Ai Weiwei. Von allen zuletzt verhafteten Anwälten ist er der prominenteste, sein Verfahren wird als Warnung für andere Juristen gewertet, sich in China nicht zu sehr für Menschenrechte zu engagieren. Es ist auch ein weiteres Zeichen für die innenpolitischen Verhärtungen seit 2012 unter Staatspräsident Xi Jinping.

„Nichts, was Pu Zhiqiang geschrieben hat, hat irgendein Gesetz verletzt, aber seine Behandlung durch die Behörden hat das gewiss getan“, schreibt Sophie Richardson von der Menschenrechtsorganisation Humans Rights Watch. Ein Urteil wird in den nächsten Tagen erwartet. Dem Menschenrechtsanwalt drohen bi szu acht Jahre Haft.

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