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Das Bild der Zukunft? Aktuell sind Frauen in den ersten Reihen des deutschen Islam noch deutlich unterrepräsentiert.

© Kay Nietfeld/dpa

Deutsche Islamkonferenz: Callcenter für Muslime

Die Islamkonferenz startet neu und mit neuen Akteuren. Schade für die alten, die sich als schwach erwiesen haben. Und eine Chance für gute neue. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Dernbach

Die neue Deutsche Islamkonferenz gleicht einem Abrissunternehmen. Keine festen Arbeitskreise mehr, keine detaillierte Agenda, keine Mitgliederliste. Die Konferenz wurde zwar auch bisher von jedem Bundesinnenminister neu justiert, doch die aktuellen Neuerungen sind ziemlich radikal. Horst Seehofer und sein zuständiger Staatssekretär Markus Kerber haben ein Experiment mit offenem Ende ausgerufen, und wer hinschaut, kann den Eindruck bekommen, dass von der großen Maschine nichts übrig geblieben ist als ein Callcenter, an das sich Muslime, organisiert oder nicht, mit Beschwerden und Vorschlägen wenden können, „per Mail, Brief, Telefon“, wie es leutselig hieß.

Die Verbände: Worthülsen und Sprechzettel

Was nach Totalabwicklung aussieht, ist womöglich das nötige Mittel gegen die Sklerose des ehrwürdigen Instituts DIK, von dem Seehofer zu Recht sagt, es sei heute nötiger denn je. Bisher bezogen sich alle DIKen auf die muslimischen Dachorganisationen (mal auch, indem das Ministerium zu teilen und herrschen versuchte). Sie haben sich inzwischen als zu schwache Partnerinnen des Dialogs mit dem Staat erwiesen. Die türkisch-islamische Ditib mit ihrer Abhängigkeit von Ankara ist nur das grellste Beispiel dafür; ihre Skandale von der Bespitzelung angeblicher Erdogan-Gegner durch Imame bis zum Rauswurf kritischer Geister sind eben schlagzeilentauglich. Mindestens ebenso deprimierend: Die andern drei Großen sind – vom quirligen und beredten Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, einmal abgesehen – praktisch nicht anschlussfähig. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs jedenfalls, die trotz hartem Druck durch Justiz und Verfassungsschutz eine Treiberin in der Debatte um die rechtliche Anerkennung des Islam war, ist fast nicht mehr wahrnehmbar.

Endlich mehr Frauen in der DIK?

Der DIK-Auftakt diese Woche führte es vor: Auf konkrete Fragen lesen Verbandsvertreter Sprechzettel ab oder werfen mit Worthülsen. Wer jetzt noch wie Cem Özdemir auf die Verbände einhaut, weil sie undemokratisch seien, trifft einen toten Hund. Das ist traurig für alle, die sich einen aktiven deutschen Islam wünschen. Und zu denen man inzwischen zum Glück wohl auch entscheidende Teile der Innenministerialbürokratie zählen darf, die einst völlig fixiert auf „Sicherheit“ waren.

In dieser Not geht die DIK auf all die muslimischen NGOs, Sozialinitiativen, Netzwerke zu, die sich inzwischen gebildet haben. Da ist viel Energie, Wissen, Hirn. Und viel Frauenpower, deren massive Unterrepräsentanz nach inzwischen zwölf Jahren DIK nur noch obszön ist. Aber da sind auch viele neue Akteure. Sie und der Staat müssen jetzt sehen, wie sie zueinander finden. Leicht wird das nicht.

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