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Besser so schwimmen als gar nicht? Ein Mädchen im Burkini am Beckenrand.

© Rolf Haid/dpa

Leserkommentar: Burkinis sind eine unnötige Unterwerfung

Islamische Mädchen in Burkinis schwimmen lassen? Davon hält unsere Leserin gar nichts. In ihrem Kommentar schreibt sie, dass es auch anders geht.

Ein Kommentar von Barbara Schaefer

Wie weit wollen wir es noch treiben mit der „Unterwerfung“?! Im Tagesspiegel ist nicht nur zu lesen, dass Burkinis in Berliner Bäderbetrieben und Berliner Schulen erlaubt sind, sondern dass ein Gymnasium in Nordrhein-Westfalen diese Ganzkörperschwimmbekleidung sogar finanziert und dass unsere Familienministerin, unsere Bildungssenatorin wie auch das Bundesverwaltungsgericht nichts dagegen haben, wenn Mädchen, egal welchen Alters, mit einer Masse von Stoff auf ihrem Körper ins Schwimmbad steigen. „Hauptsache, sie lernen Schwimmen!“

Es geht offenbar nicht mehr darum, ob wir es Menschen, die aus einer fremden Kultur Hilfe und Unterkunft bei uns suchen, erlauben, ihre frauenfeindlichen Gewohnheiten öffentlich im Alltag zu praktizieren – es geht inzwischen offenbar nur noch darum, wer diese Absurdität finanziert. Die Schule oder das Sozialamt?

Die hier geltenden Regeln bedeuten, das man sich letztlich so geben kann, wie man will und dass man tragen kann, was man will, wenn man keinem anderen dadurch schadet.

schreibt NutzerIn zenker_bln

Frauen sollten unsichtbar, unbeweglich und schwach gemacht werden

Ich weiß, wovon ich rede. Seit zweieinhalb Jahren arbeite ich im Rahmen des Vereins LieberLesen e. V. mit muslimischen Mädchen, die seit 2015 in einer Flüchtlingsunterkunft in einer hochgradig repressiven Parallelgesellschaft leben. Vor zwei Jahren hatten wir die Mittel eingeworben, um einer Gruppe von Mädchen Schwimmunterricht erteilen zu können. Unsere Position war eindeutig: Schwimmunterricht nur im normalen einteiligen Badeanzug. Den würde der Verein den Mädchen spendieren. Vor Beginn des Schwimmunterrichts wurden die Eltern zusammengerufen, das Foto einer 13-jährigen Altersgenossin im schwarzen Badeanzug hing im Großformat an der Wand; eine Kollegin aus Syrien half beim Übersetzen und Argumentieren: darüber, wie wichtig Schwimmen gerade für Mädchen ist; darüber, dass die Art der Badebekleidung weder von Mohammed noch im Koran vorgeschrieben ist; darüber, dass Verhüllungsvorschriften für Frauen nicht religiös fundiert sind und auch nicht vom Islam eingeführt wurden, sondern 2000 Jahre vor dem Erscheinen von Mohammed zur Zementierung einer patriarchalen Männerherrschaft im Orient erfunden wurden, um Frauen unsichtbar, unbeweglich und schwach zu machen.

Wir haben den Eltern klargemacht, dass ihre Töchter nur dann am Schwimmunterricht teilnehmen dürfen, wenn sie, die Eltern, unterschreiben, dass sie mit dem Tragen eines normalen einteiligen Badeanzugs einverstanden sind. Alle Eltern haben unterschrieben; alle Mädchen haben Schwimmunterricht erhalten, alle Mädchen haben sich nach anfänglichen Schwierigkeiten daran gewöhnt, dass in der Schwimmhalle auch Jungen zugegen sind, alle Mädchen haben das Seepferdchen und das Bronzeabzeichen gemacht, alle Mädchen sind wilde Wasserratten geworden und scheren sich nicht darum, was sie anhaben und wer in der weiteren Umgebung des Schwimmbades anwesend ist. Warum können unsere verantwortlichen Instanzen – Politik, Verwaltungen, Schulen – nicht den Mumm aufbringen, bei uns herrschende Regeln und Selbstverständlichkeiten von den Menschen zu verlangen, die bei uns Schutz suchen, und die wir ernähren.

Ohne Durchsetzung der Normen werden wir die AfD nicht los

Politische Entschlossenheit, mehr und intensivere pädagogische Anstrengung und vor allem Kommunikation mit den Eltern wären allerdings notwendig. Denn sobald unseren ausländischen Zuwanderern eindeutig klargemacht wird, welche Regeln bei uns gelten und eingehalten werden müssen, auch im Verkehr, in Fragen der Pünktlichkeit und im Umgang von Männern mit weiblichen Autoritäten, sobald ihnen unmissverständlich unter Androhung von spürbaren Nachteilen (Kürzungen der Sozialunterstützung, zeitweiliger Schulverweis, Entzug des Aufenthaltsrechtes) klargemacht wird, was die Bedingungen dafür sind, dass sie in unserer Gesellschaft mit ihren vielen Vergünstigungen leben dürfen, werden sie sich ohne Probleme daran halten. Dies jedenfalls ist eine Erfahrung, die wir vom Verein LieberLesen immer wieder gemacht haben.

Eine windelweiche Laissez-faire- Politik wird keinesfalls zur Integration der Zuwanderer führen, sondern, vor allem in folgenden Generationen, zur Entwicklung einer gigantischen Parallelgesellschaft, die uns nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ Schlimmes bringen wird. Solange die deutsche Politik nicht in der Lage ist, unsere gesellschaftlichen Normen auch bei den Zuwanderern durchzusetzen – nicht einmal bereit ist, das Kopftuchverbot für Kinder, eine Forderung der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, in ihre politischen Programme aufzunehmen –, so lange werden wir den Rechtspopulismus, die AfD, nicht los. Angesichts der bisherigen Wischiwaschi-Integrationspolitik der Parteien und der Regierungen werden uns die rechten Ränder in nicht allzu ferner Zukunft politisch an die Wand drücken. Im weitreichenden Netzwerk unseres Vereins, meinem beruflichen Umfeld und großen Bekanntenkreis gibt es unzählige Menschen, die sich mit viel persönlichem Einsatz um Flüchtlinge kümmern, die aber entsetzt sind über eine Politik, die nur über Zahlen streitet und keinerlei Mut, Entschlossenheit und Sensibilität aufbringt, um durch entsprechende Konzepte, Richtlinien und Verhaltensanforderungen für Zuwanderer Ansätze für eine wirksame soziale Integration in die Wege zu leiten.

Prof. Dr. Barbara Schaeffer-Hegel, Verein für Mädchen zum Lesen und Lernen, Berlin-Mitte

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