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Auf dem Vormarsch. Die islamistischen Rebellen beherrschen inzwischen große Teile im Norden Malis.

© dpa

Diskussion um Bundeswehreinsatz: Bundeswehrverband warnt vor unüberlegtem Einsatz in Mali

Berlin bereitet sich auf eine neue Militärmission vor. Kampftruppen sollen nicht geschickt werden, aber bei der Ausbildung malischer Soldaten geholfen werden. Der Bundeswehrverband warnt vor einem unüberlegten Einsatz, der wie in Afghanistan enden könnte.

Von Robert Birnbaum

Berlin – Die Kanzlerin klang entschieden: „Deutschland ist bereit, sich an einer Unterstützungsmission für Mali zu beteiligen“, kündigte Angela Merkel am Montag vor den versammelten Kommandeuren der Bundeswehr in Strausberg an. Es sei nicht hinnehmbar, dass der internationale Terrorismus im Norden des Landes eine sichere Rückzugszone finde. Allerdings folgte dem entschlossenen „Jawohl“ ein Nachsatz, der die Entschiedenheit etwas relativierte: „... wenn die Voraussetzungen geklärt sind.“ Das sind sie derzeit noch nicht. Konkrete Planungen stellt die Bundeswehr deshalb im Moment auch noch nicht an. Aber das kann sich ziemlich rasch ändern.

Der Deutsche Bundeswehrverband kann sich nicht recht für einen Militäreinsatz im westafrikanischen Mali erwärmen. „Uns treibt die Sorge um, dass die Bundeswehr wieder einmal unüberlegt und verantwortungslos in einen Einsatz entsendet wird, der Teil einer nur lückenhaften politischen Konzeption ist“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende André Wüstner. Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey (CDU), warb um Geduld.

Wüstner sagte der Zeitung „Die Welt“, auch in Afghanistan habe der Begriff Ausbildung am Anfang gestanden. „Dieser Begriff verschleiert das, was auf die Bundeswehr auch in Mali zukommen kann, nämlich eine direkte Verwicklung in kriegerische Auseinandersetzungen“, sagte er. „Soldaten fragen sich berechtigt, ob die Regierung sie mal wieder aus allgemein bündnispolitischen Gründen in die Wüste schickt.“ Staatssekretär Kossendey sagte dem Blatt: „Im Moment steht noch gar nichts zur Entscheidung.“ Erst wenn die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bis zum 19. November ein Einsatzkonzept vorgelegt habe, könnten sich die EU-Länder überlegen, wie und womit sie sich an einem Mali-Einsatz beteiligten. „Unser erstes Ziel ist eine politische Übereinkunft, keine militärische Intervention“, versicherte Kossendey. „Sobald wir damit rechnen müssen, dass unsere Soldaten dort Waffen einsetzen müssen, ist ein Bundestagsmandat nötig.“

Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat zur Besonnenheit ermahnt - gerade mit Blick auf die Frage einer militärischen Intervention. „Bevor über Instrumente gesprochen wird, müssen die politischen Ziele klar sein. Zunächst geht es um den politischen Prozess“, sagte Westerwelle am Freitag in Berlin und fügte hinzu: „Erst muss vereinbart werden, was wir gemeinsam wollen.“

Westerwelle betonte, die Krise in Mali „kann uns nicht kalt lassen. Sie betrifft uns auch in Europa“. Nun müsse es darum gehen, zu verhindern, dass sich dauerhaft radikale Kräfte und Terroristen in dem Land festsetzen. Deshalb sei es wichtig, dass die staatliche Autorität in Mali wiederhergestellt wird, sagte der Außenminister. Die internationale Staatengemeinschaft müsse die Afrikaner dabei unterstützten.

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich bereits vor zwei Wochen bereit erklärt, der bedrängten Regierung in Mali zu Hilfe zu kommen. Der UN-Sicherheitsrat sagt in seiner Resolution 2071 einstimmig Unterstützung für eine afrikanische Friedenstruppe zu. Der Beschluss betont zwar, dass eine diplomatische Lösung Vorrang habe, beruft sich aber andererseits ausdrücklich auf Kapitel 7 der UN-Charta – mithin die Ermächtigung zum Einsatz von Kampftruppen gegen die Rebelleneinheiten. Endgültige Beschlüsse will der Sicherheitsrat von einem Lagebericht von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon abhängig machen, der bis 26. November vorliegen soll.

Parallel dazu berät die Europäische Union über einen Beitrag zu einer Militärmission. Die Außenbeauftragte Catherine Ashton hat den Auftrag, dem nächsten Außenministerrat am 19. November Optionen und Empfehlungen dazu vorzulegen. Klar ist dabei jetzt schon, was Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Dienstag auch noch einmal ausdrücklich betonte: Es gehe bei Europas Beitrag „nicht um Kampftruppen“, auch nicht um Waffenlieferungen.

Nachgedacht wird in erster Linie über Hilfe bei der Ausbildung der malischen Armee und bei der Planung eines Feldzugs gegen die Islamisten, infrage kommt eventuell auch Unterstützung bei der Logistik. Der EU-Plan soll freilich ausdrücklich auch – so ist es jedenfalls im Außenministerratsbeschluss vom 15. Oktober festgehalten – eine „Ausstiegsstrategie“ enthalten.

Zu den von Merkel genannten „Voraussetzungen“ zählt ferner, dass der Einsatz selbst unter afrikanischer Führung bleiben soll – die Afrikanische Union kommt als Führungsorganisation infrage, die Regionalorganisation Ecowas könnte eine Rolle spielen. „Es geht darum, dass wir den Afrikanern dabei helfen, die Stabilisierung von Mali wieder möglich zu machen“, sagt Westerwelle nach einem Treffen mit dem UN-Sonderbeauftragten für den Konflikt, dem früheren italienischen Premier Romano Prodi.

Merkel sieht in solchen Unterstützungsmissionen sogar geradezu ein Modell für das künftige militärische Engagement Deutschlands – keine massiven Eingriffe mehr wie in Afghanistan, sondern Unterstützung für regionale „Partner“ bei dem Versuch, „sich für die Bewahrung oder Wiederherstellung der Sicherheit in ihrer Region wirksam einzusetzen.“ (mit dapd)

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