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Im November soll endgültig über eine neue gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe entschieden werden.

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Update

Vier Entwürfe liegen vor: Bundestag berät über Gesetz zur Sterbehilfe

Der Bundestag debattiert zur Stunde erstmals über die Gruppenanträge zur Sterbehilfe. Es gibt keinen Fraktionszwang. Endgültig entscheiden über die gesetzliche Regelung werden die Parlamentarier erst im November.

Der Bundestag befasst sich heute ab 9 Uhr erstmals mit den Gesetzentwürfen zur Sterbehilfe. Insgesamt sind vier fraktionsübergreifende Entwürfe eingebracht worden. Grundsätzlich zielen alle vier darauf, geschäftsmäßig organisierte Sterbehilfe zu unterbinden.

Die meiste Unterstützung erfuhr bisher ein Gesetzentwurf um die Abgeordneten Michael Brand (CDU), Kerstin Griese (SPD), Kathrin Vogler (Linke) und Elisabeth Scharfenberg (Grüne). Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) signalisierte ihre Unterstützung. Danach folgt ein Entwurf von Abgeordneten um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) sowie die beiden SPD-Fraktionsvize Carola Reimann und Karl Lauterbach, der einen ärztlich assistierten Suizid ermöglichen will.

Nobert Lammert: Sterbehilfe-Beratung eine der schwierigsten in der Wahlperiode

Brand würdigte zu Beginn der ersten Bundestagslesung über die vier Gesetzentwürfe zur künftigen Sterbehilfe den Respekt gegenüber den jeweils Andersdenkenden. Zugleich verteidigte er seinen Entwurf. Leitmotiv sei: „Sterben an der Hand und nicht durch die Hand eines Mitmenschen“. Der Entwurf biete einen Weg der Mitte: Geschäftsmäßige Sterbehilfe solle verboten, der Freiraum des Arztes aber wie bisher belassen werden. Sterbenden solle man die Leiden nehmen, nicht das Leben.

zuvor hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Pläne zur Neuregelung der Suizidbeihilfe als eines der anspruchsvollsten und schwierigsten Gesetzesvorhaben in dieser Wahlperiode bezeichnet. Es gehe um die Frage, wie der Staat seiner unaufgebbaren Verpflichtung zum Schutz des Lebens und der Menschenwürde nachkomme, sagte Lammert.

Beraten wird auch über Palliativ- und Hospizmedizin

Der Bundestag will im November endgültig über eine gesetzliche Regelung zur künftigen Sterbehilfe entscheiden. Parallel berät er über den Ausbau der Begleitung und Betreuung sterbenskranker Menschen in der Palliativ- und Hospizmedizin.

Die Grünen-Abgeordnete Scharfenberg sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, in der die Beihilfe zum Suizid zu einer ganz „normalen“ Dienstleistung und als regulärer Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung missverstanden wird. Dadurch könnten sich vor allem alte und kranke Menschen unter Druck gesetzt fühlen, solche „Angebote“ irgendwann wahrzunehmen, zum Beispiel weil sie niemandem zur Last fallen wollen.“

Patientenschützer: Suizid bleibt höchst persönliche Entscheidung

„Nach unserem Entwurf bleibt die Suizidbeihilfe wie bisher auch grundsätzlich straflos.“ Das gelte vor allem auch für Angehörige oder andere nahestehende Personen, die - als sogenannte „Teilnehmer“ - eine sterbewillige Person zum Beispiel in die Schweiz begleiten, wo diese sich von „professionellen“ Helfern beim Suizid assistieren lassen. „Es handelt sich hier um eine individuelle, emotionale Ausnahmesituation“, argumentierte Scharfenberg.

Der Chef der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag) sagte, der Suizid sei und bleibe eine höchst persönliche Entscheidung. „Aber Aufgabe unserer Gesellschaft darf es nicht sein, Suizidwünsche stillschweigend hinzunehmen oder sogar zu befördern.“

Ärzte-Chef Frank Ulrich Montgomery ist für den Entwurf der Gruppe um Michael Brand (CDU)

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, favorisiert den Gesetzentwurf zur Sterbehilfe der Abgeordnetengruppe um Brand. Der Entwurf wolle gewerbsmäßige Sterbehilfe und damit Sterbehilfevereine verbieten, sagte Montgomery der Deutschen Presse-Agentur. Darüber hinaus solle an der jetzigen Rechtslage nichts geändert werden. Er enge also die Entscheidungsmöglichkeiten der Ärzte nicht ein.

Zudem werde der Personenkreis, der von Strafe ausgenommen sein solle, klar bestimmt: nahestehende Personen aus dem Familien- und Freundeskreis - nicht Ärzte. „Ich rate dazu, das Strafrecht außen vor zu lassen und nur auf dem Wege des gesunden Menschenverstandes zu handeln“, sagte Montgomery. Er fügte hinzu: Den Entwurf um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) „finde ich ja deswegen so super gefährlich, weil der letzte Satz, der da drin steht, eigentlich die Öffnung zur Euthanasie ist“.

Montgomery kündigte an, erst nach der Entscheidung des Bundestages im Herbst über die Berufsordnungen der 17 Landesärztekammern zur Sterbebegleitung reden zu wollen. „Das werden wir hinterher machen, wenn wir die endgültige Gesetzesfassung kennen. Möglicherweise ergibt sich daraus auch noch anderer Handlungsbedarf für uns.“ Montgomery wehrte sich jedoch gegen die Darstellung, die Statuten mit ihren unterschiedlichen Formulierungen stellten unterschiedliche Auffassungen zur Sterbehilfe dar. Die Berufsordnungen seien auch in diesem Punkt kein „Flickenteppich“. (dpa)

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