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Institutionen wie Pro Familia beraten Schwangere. Aber welche Informationen bietet der Staat?

© Uwe Zucchi dpa/picture alliance / dpa

Informationsdefizit: Bundesländern fehlen Daten zu Abtreibungspraxen

Trotz Versorgungspflicht haben manche Bundesländer keinen Überblick über Kliniken, an die sich Schwangere wenden können. Trotzdem sei das Angebot ausreichend, heißt es.

Mehre Bundesländer haben trotz gesetzlicher Versorgungspflicht keinen genauen Überblick, welche ärztlichen Stellen bei ihnen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. So teilte das Sozialministerium in Baden-Württemberg auf Tagesspiegel-Anfrage mit, es lägen dazu „keine Informationen vor“. Die Erfassung und Veröffentlichung dieser Informationen sei aus datenschutzrechtlichen Gründen ohne gesetzliche Ermächtigung oder Einwilligung der Ärztinnen und Ärzte nicht zulässig. Die Länder hätten keine „Direktionsbefugnis“ und könnten die Versorgung nur durch Ansprache der medizinischen Einrichtungen erreichen. Diese sei für Baden-Württemberg dennoch „weitestgehend gewährleistet“.

Die Politik streitet um das Werbeverbot im Strafrecht

Im Schwangerschaftskonfliktgesetz, das im gesamten Bundesgebiet gilt, ist geregelt, dass die Länder ein „ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen“ sicherstellen müssen. In der politischen Diskussion um das Werbeverbot für Abtreibungen (Paragraf 219a Strafgesetzbuch) wird kritisiert, Schwangere könnten sich über Möglichkeiten für eine Abtreibung nicht genug informieren. Vor diesem Hintergrund sei es notwendig, dass Ärztinnen und Ärzte den Eingriff als medizinische Leistung öffentlich anbieten dürften, etwa auf ihrer Webseite.

Das Familienministerium in Nordrhein-Westfalen erklärte: „Eine zentrale Erfassung über Ärzte und Ärztinnen und Krankenhäuser, die medizinisch oder kriminologisch indizierte Abbrüche vornehmen, erfolgt durch das Familienministerium nicht.“ Der Bund gebe den Ländern keinen Versorgungsschlüssel vor, da niemand verpflichtet werden können, bei Abbrüchen mitzuwirken. Auch in Thüringen fehlt es an Adressen, es seien jedoch „keine Engpässe bekannt“ geworden.

Hamburg veröffentlicht eine Liste, Bayern auch - Berlin will nachziehen

Die Hamburger Gesundheitsbehörde führt dagegen eine Liste mit Praxen und veröffentlicht sie im Internet. Berlin hat dies ebenfalls angekündigt. Auch Bayern teilt auf Anfrage mit, es gebe aktuell 107 Ärzte und 27 Kliniken im Freistaat, an die sich Schwangere wenden könnten. Eine Liste sei ebenfalls verfügbar.

Alle Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland müssen zwar beim Statistischen Bundesamt gemeldet werden, Namen und Anschriften der Einrichtungen seien jedoch nur so genannte Hilfsmerkmale, die unverzüglich gelöscht würden, hieß es auf Anfrage. Eine unmittelbare Weitergabe von Adressdaten sei zudem verboten.

Die Gießener Ärztin Kristina Hänel war im vergangenen Jahr wegen des Verstoßes gegen den Paragrafen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles erklärte kürzlich, die Union habe zugesagt, dass ein Regierungsentwurf zur Reform von Paragraf 219a erarbeitet werden solle

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