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Polizisten begleiten einen Asylbewerber zu seinem Abflug.

© Sebastian Willnow/dp

Update

Bundesinnenminister: Seehofer will Abschiebungen erleichtern

Innenminister Seehofer will die Zahl der Abschiebungen erhöhen. Jetzt hat er einen konkreten Maßnahmenkatalog vorgelegt. Dafür wird er heftig kritisiert.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) schlägt eine härtere Gangart gegen einen Großteil der in Deutschland geduldeten Ausreisepflichtigen ein. Wer nicht an der Beschaffung seiner Passpapiere mitwirkt oder vor einer Rückführung untertaucht, soll laut einem Gesetzentwurf seines Hauses künftig leichter abgeschoben werden können. Pro Asyl forderte Justizministerin Katarina Barley (SPD) auf, in der Ressortabstimmung ihr Veto einzulegen.

Laut dem Entwurf für das "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" soll künftig besser unterschieden werden können zwischen Ausreisepflichtigen, die aus humanitären Gründen geduldet sind, und solchen, die ihre Abschiebung aktiv behindern.

Insgesamt gab es nach Angaben aus Ministeriumskreisen Ende vergangenen Jahres rund 236.000 Ausreisepflichtige, davon 180.000 mit Duldung und 56.000 ohne Duldung. Das Innenministerium will nun stärker den Fokus auf die Gruppe der Geduldeten legen. Von diesen hätten insgesamt fast 80 Prozent keine Reisedokumente, hieß es.

Wer sein Ausreisehindernis etwa durch Identitätstäuschung, eine Mitwirkungsverweigerung oder fehlende Passpapiere selbst verschuldet, soll künftig aus der Duldung herausfallen. Hierfür soll ein neues Instrument geschaffen werden, die Ausreiseaufforderungen.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt kritisierte, aufgrund des mit diesem neuen Status verbundenen Arbeits- und Ausbildungsverbots hätten die Betroffenen keine Bleibeperspektive mehr. Da aber weiter viele Abschiebungen scheiterten, werde so eine große Gruppe von Menschen in einem "rechtlosen Zustand" geschaffen.

Das Bundesinnenministerium plant ferner eine Vereinfachung der Voraussetzungen für die Abschiebehaft. Dabei soll die sogenannte Darlegungslast nicht mehr bei den Ausländerbehörden liegen. Künftig kann jemand bereits in Haft genommen werden, wenn die Behörden eine Fluchtgefahr vermuten. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Ausreisepflichtiger den Wohnsitz wechselt, ohne die Behörden darüber informiert zu haben.

Zudem soll es möglich sein, Gefährder sowie Menschen, die falsche Angaben zu ihrer Identität machen, vorübergehend in Haft zu nehmen, um deren Ausweisung vorzubereiten. Damit soll auch verhindert werden, dass Ausreisepflichtige etwa vor einer Abhörung abtauchen.

Nach dem Willen Seehofers soll ferner der Ausreisegewahrsam wieder schneller angewendet werden. Denn nach Ansicht des Ministeriums wurden die Voraussetzungen für die Anordnung seit Einführung des im Gegensatz zur Sicherungshaft auf zehn Tage beschränkten Gewahrsams 2015 ausgedehnt. So sei es zumindest teilweise inzwischen so, dass ein Verwaltungsrichter eine Fluchtgefahr als Bedingung voraussetze. Mit dem neuen Gesetz soll wieder zu der Praxis zurückgekehrt werden, dass ein Gewahrsam bereits nach Ablauf der Ausreisefrist und wegen "Fehlverhaltens" angeordnet werden kann.

Auch dem Mangel an Abschiebehaftplätzen will das Innenministerium begegnen: Derzeit gibt es bundesweit 479 Plätze und damit weit weniger als benötigt. Seehofer will daher das Trennungsverbot von Abschiebungs- und Strafgefangenen in Gefängnissen aussetzen. Abschiebehäftlinge sollen so auch in bereits bestehenden Justizvollzugsanstalten untergebracht werden können, allerdings räumlich getrennt.

SPD-Vizechef Ralf Stegner kritisierte das Vorhaben. "Diese Menschen haben nichts verbrochen und gehören daher auch nicht in eine Justizvollzugsanstalt", sagte Stegner dem "Handelsblatt". Auch der FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle forderte in der Zeitung: "Das Trennungsgebot zwischen Strafhaft und Abschiebehaft muss erhalten bleiben."

Die Grünen riefen die SPD auf, die Pläne des Innenministers zu verhindern. Seehofer wolle "auf Teufel komm raus die Abschiebezahlen erhöhen", sagte die Grünen-Politikerin Luise Amtsberg der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". (dpa)

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