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Wohin nach dem Unterricht? Grundschüler in Berlin (Symbolbild)

© dpa/Annette Riedl

Update

Bund und Länder streiten um Geld: Ganztagsbetreuung für Grundschüler vorerst gescheitert

Die Bundesregierung will einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen. Doch der Bundesrat legt sich quer – die Länder wollen dafür mehr Mittel.

Es sollte eines der Vorzeigeprojekte der großen Koalition sein – der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an den Grundschulen. Die zurückgetretene Familienministerin Franziska Giffey (SPD) vor allem hatte sich darum bemüht, dass zum Ende der Wahlperiode auch ihre Partei mit diesem Vorhaben punkten kann. Aber der Bundesrat macht vorerst nicht mit. Eine Mehrheit in der Länderkammer, darunter auch Länder mit SPD-Ministerpräsidenten, verweigerte am Freitag die Zustimmung zu dem Gesetz.

Es fand sich allerdings auch eine Mehrheit dafür, den Vermittlungsausschuss anzurufen – ein Signal immerhin, dass die Länder an einem Ergebnis noch vor Ablauf der Wahlperiode des Bundestags interessiert sind.

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Sie hätten das auch der Bundesregierung überlassen können. Die hatte für den Fall der Zustimmung zwar in einer Protokollerklärung noch Zugeständnisse angedeutet. Aber der Ländermehrheit kam es darauf an, nach längerem Hickhack nun in einem Vermittlungsverfahren im Sommer vor allem die Finanzierung des Vorhabens deutlicher nach ihren Interessen zu gestalten.

In der Sache unumstritten

Denn es geht mal wieder um Geld. In keiner Landesregierung ist das Gesetz in der Sache umstritten. Aus diesem Grund betonte auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), dass in der Abwägung zwischen der aus ihrer Sicht gebotenen Dringlichkeit und der auch von ihr monierten Beteiligung des Bundes bei der Finanzierung ein Ja der Länderkammer richtig gewesen wäre. Aber die Ländermehrheit sah es anders.

Für sie sprach der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Der vom Bund gewünschte Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler ist nämlich nicht ganz billig.

Die Finanzierung der Einrichtungen an den Schulen kostet bis zu 7,5 Milliarden Euro. Die dauerhaften Betriebskosten bei Vollauslastung werden in den ersten Jahren auf etwa 4,5 Milliarden Euro im Jahr geschätzt – wobei unklar ist, ob sich zum Start 2026 mit den ersten Klassen und auch zur geplanten Ausdehnung auf alle Grundschulklassen ab 2029 genügend Personal gefunden haben wird, um einen Vollbetrieb zu ermöglichen. Denn junge Lehrer und Betreuer sind derzeit schon gesucht.

„Der große Familienversteher“

Kretschmann beklagte, das Angebot der großen Koalition sei völlig unzureichend. „Der Bund gibt den großen Familienversteher, aber bei der Finanzierung bleibt er höchst bescheiden“, sagte er im Bundesrat.

Zwar hatte die Bundesregierung in den seit Monaten laufenden Verhandlungen, die seit Mai jedoch stockten, das ursprüngliche Angebot von zwei Milliarden Euro auf 3,5 Milliarden erhöht. Aber gerade bei den Folgekosten sehen sich die Länder übervorteilt.

Denn diese wachsen mit den Jahren natürlich wegen der üblichen Gehaltserhöhungen. Der Bund hat seine Mittel aber nicht „dynamisiert“, also an diese Entwicklung angepasst. Mit der Zeit wächst so der Länderanteil an der Ganztagsbetreuung.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die das Familienministerium derzeit mitführt, verwahrte sich zwar gegen den Vorwurf, der Bund habe kurz vor der Sommerpause und dem Ende der Wahlperiode das Gesetz mit der Brechstange durchsetzen wollen. Aber sie blieb dabei, dass der Betriebskostenanteil des Bundes bei einer Milliarde Euro ab 2030 festgelegt ist. Die Länder  peilen dagegen mindestens eine hälftige Beteiligung an.

Ergebnis muss bis September stehen

Nun muss in der Vermittlung über den Sommer hinweg geklärt werden, ob der Bund sich noch bewegt. Bis Anfang September muss das über die Bühne gehen. Denn der Bundestag kommt vor der Wahl am 26. September nur noch einmal zusammen – am 7. September.

Der Bundesrat könnte dem Vermittlungsergebnis dann am 17. September zustimmen. Dann wäre das Gesetz gerettet. Klappt das nicht, verfällt es zunächst, weil die Legislaturperiode des Bundestags zu Ende ist. Eine neue Bundesregierung müsste es dann neu auf den Weg bringen.

Hinter dem Stopp durch den Bundesrat steht auch ein Grundsatzkonflikt, der in der kommenden Wahlperiode noch für Zwistigkeiten sorgen könnte. Kretschmann wies am Freitag in der Länderkammer darauf hin. Aus Sicht einiger Ministerpräsidenten stimmt die Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern nicht mehr. Der baden-württembergische Regierungschef plädierte daher dafür, gerade bei der Umsatzsteuer den Ländern einen höheren Anteil zu geben. Ob dann die Verteilungskonflikte generell geringer werden, ist zwar unklar. Aber in den Ländern sieht man dann auch weniger Anlass für aus ihrer Sicht teure Bundesgesetze im Bereich der Länderzuständigkeiten, wozu die Schulen gehören.

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