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Außenministerin Baerbock mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Kuleba am Dienstag in Charkiw.

© AFP

Leopard-Panzer für die Ukraine?: Bundesregierung gerät erneut unter Zugzwang

Bei ihrem Besuch in der Ostukraine hat Außenministerin Baerbock keine Zusage für Leopard-Panzer gegeben. Aber offenbar ist Warschau zur Lieferung bereit.

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Eines ist Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in jedem Fall gelungen: Mit ihrem Besuch in der Ostukraine hat sie gleich zu Beginn des Jahres klar gemacht, dass die Unterstützung der Bundesregierung für die Ukraine auch 2023 nicht nachlassen soll. Offen bleibt allerdings, was dies für weitere mögliche Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine bedeutet.

Zuletzt hatte die Bundesregierung angekündigt, dass in diesem Quartal 40 Schützenpanzer vom Typ „Marder“ geliefert werden sollen. Zudem soll Kiew ein Patriot-Flugabwehrsystem erhalten. Doch das reicht der Ukraine nicht.

Während Baerbocks Besuch vom Dienstag bekräftigte ihr Kiewer Amtskollege Dmytro Kuleba die Forderung nach einer Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern. Das sei keine „fixe Idee“, sagte er.  Vielmehr seien die deutschen Kampfpanzer nötig, „um unsere Energieinfrastruktur zu retten, um die Ukrainer vor den Verbrechen zu retten“. Am nächsten Tag erklärte der polnische Präsident Andrzej Duda, dass Warschau zur Lieferung der Leopard-Panzer bereit sei.

Damit erhöht sich erneut der Druck auf die Bundesregierung. Zuvor hatte sich Baerbock bei ihrem Besuch in der Ostukraine geweigert, eine Zusage zur Lieferung der Kampfpanzer zu machen. Nach ihrem Besuch in Charkiw sagte sie lediglich, dass weitere Panzerlieferungen notwendig seien.

Zudem wiederholte sie das Mantra der Bundesregierung, dass Entscheidungen „gemeinsam mit unseren Verbündeten“ getroffen werden müssten. In Zugzwang gerät die Bundesregierung auch deshalb, weil die britische Regierung laut Medienberichten die Lieferung von Kampfpanzern des Typs „Challenger 2“ an die Ukraine erwägt.

Deutschland spielt bei einer möglichen Lieferung von Leopard-Kampfpanzern, die in der EU von einem Dutzend Staaten eingesetzt werden, eine entscheidende Rolle. Die in Deutschland entwickelten Panzer dürfen nicht ohne Zustimmung des Herstellerlandes an die Ukraine abgegeben werden. Vor diesem Hintergrund waren im vergangenen Sommer Pläne der spanischen Regierung zu möglichen Leopard-Lieferungen im Sande verlaufen.

„Der Leopard 2 ist der am weitesten in Europa verbreitete Kampfpanzer. Mehrere europäische Staaten haben die Bereitschaft signalisiert, der Ukraine Leopard 2 zur Verfügung zu stellen“, sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter dem Tagesspiegel. „Kanzler Scholz steht jetzt in der Verantwortung, die Lieferung der Kampfpanzer mit den anderen westlichen Staats- und Regierungschefs zu koordinieren.“ Erst wenn Russlands Präsident Wladimir Putin erkenne, „dass er seine Kriegsziele nicht erreichen kann, wird er zu Verhandlungen bereit sein“, fügte Hofreiter hinzu.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj  setzt darauf, dass beim Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe in der kommenden Woche auf dem US-Militärstützpunkt Ramstein eine Entscheidung zur Lieferung von Kampfpanzern fällt.

Zu dem Treffen in Ramstein hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin eingeladen. Mit Blick auf die bevorstehenden Beratungen hatte Selenskyj gesagt, eine Entscheidung über zusätzliche Verteidigungsfähigkeiten dürfe nicht vertagt werden. Dazu zählten Panzer westlicher Bauart.

Es ist an der Zeit, dass sich das Kanzleramt einer Koordinierung nicht mehr widersetzt.

Roderich Kiesewetter, CDU-Außenpolitiker

Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte betont, dass die Bundesregierung „zum jetzigen Zeitpunkt“ keine Pläne habe, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Dennoch gibt es nach den Worten des CDU-Außenpolitikers Roderich Kiesewetter derzeit eine große Dynamik in der Frage weiterer Waffenlieferungen an Kiew.

Zwei Tage nach dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein stehen am 22. Januar in Paris deutsch-französische Regierungskonsultationen an. Es sei „gut, wenn die Außenministerin keine Vorfestlegungen macht“, sagte Kiesewetter dem Tagesspiegel.

Trotz der diplomatischen Zurückhaltung Baerbocks lasse sich aus ihren Worten aber klar ihre Bereitschaft erkennen, Panzerlieferungen zu unterstützen, sagte Kiesewetter weiter. Der CDU-Politiker verwies unter anderem auf die Forderungen Finnlands und Polens nach deutscher Koordinierung bei einer möglichen Bereitstellung von Leopard-Panzern.

Er forderte mit Blick auf den Kanzler, den SPD-Chef und die Verteidigungsministerin: „Wenn Scholz, Klingbeil und Lambrecht weiterhin glaubwürdig den deutschen Führungsanspruch untermauern wollen, dann ist es jetzt an der Zeit, dass sich das Kanzleramt einer Koordinierung nicht mehr widersetzt.“

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