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Vorwürfe: BP und die Lockerbie-Freilassung: Ölgeschäfte im Spiel?

BP scheint zum ersten Mal echte Erfolge im Kampf gegen die Ölpest zu verbuchen. Doch schon tauchen neue Vorwürfe gegen den Konzern auf. Welche Rolle hat der Energieriese bei der Freilassung des Attentäters von Lockerbie gespielt?

Der Ölfluss ist kaum gestoppt, da gerät der BP erneut in die Kritik. US-Senatoren erheben schwere Vorwürfe gegen den Energiekonzern: Er soll die Finger im Spiel gehabt haben, als Großbritannien den libyschen Lockerbie-Attentäter Abdel Basset al-Megrahi aus der Haft in dessen Heimat entließ. Ziel der Lobbyarbeit soll gewesen sein, ein milliardenschweres Ölgeschäft mit Libyen zu sichern. Mehrere US-Senatoren haben eine Anhörung zum Thema im US-Senat durchgesetzt. BP verteidigt sich, und London springt erneut für den Konzern in die Bresche.

Die Senatoren sind empört, US-Medien sind empört, die Stimmung ist aufgeheizt. Es dürfe BP nicht erlaubt werden, "mit einem Deal auf Kosten von Terrorismusopfern Profit zu machen", schimpft Senator Charles Schumacher. Andere meinen, "kommerzielle Interessen - ob Öl oder andere - sollten niemals Vorrang vor der Gerechtigkeit für Terrorismusopfer haben". Schon wird in Washington erwogen, Minister der britischen Ex-Regierung vor den Ausschuss zu laden.

Auch Cameron ist empört

Die Stimmung zwischen London und Washington scheint angespannt. Die Affäre könnte den ersten Besuch des britischen Premierministers David Cameron in Washington an diesem Dienstag überschatten.

Vor seinem USA-Besuch hat allerdings auch Cameron die umstrittene vorzeitige Freilassung des Lockerbie-Attentäters aus Libyen scharf kritisiert. Die Begnadigung von al-Megrahi aus humanitären Gründen sei "ganz und gar falsch" gewesen, sagte Cameron dem Sender BBC am Montag. Der Premier bedauere die Entscheidung der schottischen Regionalregierung zutiefst.

"Es gibt keinerlei Beweise, die die Vorwürfe untermauern, BP sei in die Entscheidung Schottlands über die Freilassung von Megrahi verwickelt gewesen", heißt es in einem Brief des britischen Außenministers William Hague an seine US-Kollegin Hillary Clinton, der am Sonntag bekanntwurde. Es gebe auch keine Hinweise, dass die schottische Führung den Attentäter freigelassen habe, um ein Ölgeschäft von BP mit Libyen zu sichern.

Bei dem Anschlag auf eine Maschine der US-Fluglinie Pan Am über dem schottischen Ort Lockerbie im Dezember 1988 waren 270 Menschen ums Leben gekommen, die meisten von ihnen US-Bürger. Al-Megrahi war deshalb 2001 zu lebenslanger Haft verurteilt, vor rund einem Jahr aber begnadigt worden. Ärzte hatten ihm attestiert, wegen einer Krebserkrankung habe er nur noch drei Monate zu leben. Schottland hatte ihn freigelassen.

Die Entscheidung über die Rückkehr in die Heimat war dann von der britischen Regierung gefällt worden. Sie löste vor allem in den USA Empörung aus. Al-Megrahi wurde bei seiner Ankunft in Tripolis wie ein Held gefeiert. Heute lebt er bei seiner Familie in einer Villa. Die Situation scheint fast absurd: Dies- und jenseits des Atlantiks wird nun sein Tod geradezu ungeduldig erwartet.

BP: Keine Gespräche über al-Megrahi

Großbritanniens damalige sozialdemokratische Regierung einigte sich mit Libyen 2007 auf die Übergabe al-Megrahis - kurz darauf sicherte sich BP einen Millionendeal für die Suche nach Öl in dem nordafrikanischen Land. BP gab in der vergangenen Woche zu, die britische Regierung auf "mögliche negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsinteressen" des Landes hingewiesen zu haben, sollte die Freilassung al-Megrahis zu langsam voran gehen. Der Konzern besteht aber darauf, keinerlei Gespräche mit den Verantwortlichen in London oder Edinburgh über Al-Megrahi direkt geführt zu haben.

Für BP stand damals viel auf dem Spiel. US-Medien berichten, die möglichen Investitionen in Libyen könnten sich auf bis zu 20 Milliarden Dollar belaufen. Allerdings: Auch US-Firmen seien interessiert gewesen, in Libyen einzusteigen. Vorherige US-Regierungen hätten dies auch unterstützt.

Hague versuchte, die Wogen zu glätten. In einem Telefongespräch mit Clinton wies er sicherheitshalber erneut darauf hin, dass die jetzige Regierung Al-Megrahis Freilassung als einen Fehler ansieht. Man werde "konstruktiv" mit Washington zusammenarbeiten, um Licht in die Geschichte zu bringen, versprach er. (dpa)

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