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Im Fall des Journalisten Kaschoggi wächst der Druck auf Saudi-Arabien.

© Mohammed al Shaikh, AFP

Der Fall Kaschoggi: Beim Mord belauscht

Wendung im Fall Kaschoggi: Türkei hörte angeblich das saudische Konsulat ab.

Türkische Sicherheitsbehörden wollen bei einer Abhöraktion im Konsulat von Saudi-Arabien in Istanbul eindeutige Beweise für den mutmaßlichen Mord an dem regierungskritischen saudischen Journalisten Dschemal Kaschoggi gesammelt haben. Nach Angaben aus Ermittlerkreisen gebe es Ton- und Videoaufnahmen der entscheidenden Stunden , berichteten die „Washington Post“ und die „New York Times“ übereinstimmend. Auch ein regierungsnaher türkischer Journalist sprach von Videoaufnahmen aus dem Konsulat. Saudi-Arabien weist alle Vorwürfe als haltlos zurück und spricht von einer Kampagne gegen das Königreich. Dennoch bekommt das Land erste wirtschaftliche Folgen zu spüren.

Türkische Ermittler haben seit Kaschoggis Verschwinden mehrfach von eindeutigen Beweisen für ein Verbrechen gesprochen. Auf Tonaufnahmen aus dem Konsulat sind den Zeitungsberichten zufolge die Stimmen von Kaschoggi und anderer Arabisch sprechender Männer sowie Schläge zu hören. Auch Kemal Öztürk, ein Kolumnist der regierungsnahen Zeitung „Yeni Safak“, erklärte vor einigen Tagen, es gebe Videoaufnahmen vom mutmaßlichen Mord an Kaschoggi. Auch Kaschoggis Apple-Armbanduhr könnte Signale aus dem Konsulat an sein Handy übertragen haben, das er vor seinem Besuch in der Vertretung an seine türkische Verlobte übergeben hatte.

Wirtschaftliche Folgen

Hinter verschlossenen Türen könnten die Abhörergebnisse auch der US-Regierung vorgelegt worden sein. Trotz der Erkenntnisse äußerte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bisher betont zurückhaltend. Die Türkei wolle offenbar nicht selbst den Beweis dafür liefern, dass sie ausländische Vertretungen abhöre oder Informanten dort einschleuse, meldete die „Washington Post“. Offiziell ist die Türkei bereit, zusammen mit Saudi-Arabien zu ermitteln. Eine Delegation aus Riad traf dafür am Freitag in Ankara ein. Laut Medienberichten treibt die türkische Polizei auch ihre eigenen Mordermittlungen voran.

In Saudi-Arabien werden die Vorwürfe als „schwarze Propaganda“ abgetan, wie es in der Zeitung „Riyadh Daily“ hieß. Die Türkei ist Partner des Emirats Katar, das mit Saudi-Arabien streitet. Auch internationale Medien hätten sich dieser Kampagne angeschlossen, beklagt Riad. Die saudische Regierung betont, Kaschoggi habe das Konsulat lebend verlassen. Beweise dafür gibt es bisher nicht.

Saudi-Arabien gerät immer mehr in die internationale Isolation. Der britische Milliardär Richard Branson sagte Projekte in dem Land mit Hinweis auf den mutmaßlichen Mord an dem Journalisten ab. Andere Unternehmer, darunter der Chef des Fahrdienstes Uber, strichen ihre Teilnahme an einer Konferenz in Saudi-Arabien. Auch die Beziehungen des Königtums zu den USA geraten unter Druck. Im US-Kongress mehren sich die Rufe nach einem schärferen Kurs gegenüber Riad. Sollte Kaschoggi auf Geheiß der saudischen Führung ermordet worden sein, wäre das ein Ausdruck der „Verachtung“ für die Vereinigten Staaten, sagte der einflussreiche Senator Lindsey Graham.

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