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Flüchtlinge in einer Zeltstadt im hessischen Bensheim: Überforderte Kommunen

© dpa/Arne Dedert

Begrenzung der Zuwanderung: Grüne und SPD lehnen Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten ab

Georgien und Moldau sollen künftig als sichere Herkunftsländer gelten. Union und Liberale wollen die Liste noch ausweiten. Grüne und SPD hingegen sind skeptisch. 

CDU-Chef Friedrich Merz hat eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten gefordert, in die Deutschland Menschen aus diesen Ländern einfacher abschieben kann. Die Anerkennungsquote bei Staaten wie Tunesien, Marokko, Algerien oder Indien befände sich „im Promillebereich“, sagte Merz den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“.

„Das Grundrecht auf Asyl hat Grenzen in der Anerkennung der tatsächlichen Asylgründe“, sagte Merz. Er warf den Grünen vor, sie wollten „bei den sicheren Herkunftsländern nicht mit sich reden lassen“.

Filiz Polat, migrationspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, widersprach dem nicht direkt. „Wir Grüne halten das Konzept der sicheren Herkunftsländer bekanntermaßen für falsch“, sagte sie. Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt warf Merz vor, „von der Realität abzulenken“.

 Eine sorglose Erweiterung von sicheren Herkunftsstaaten lehne ich ab.

Hakan Demir, SPD-Bundestagsabgeordneter

Er sagte, es sei „populistisch, so zu tun, als könne man Menschen zurückführen, wenn man wild sichere Herkunftsländer ausruft“. Man brauche dafür erst mal ein Land, „das die Menschen auch zurücknimmt und ihnen Perspektiven bietet“. Kaum jemand fliehe aus sicheren Ländern nach Europa.

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Ähnlich äußerte sich der SPD-Innenpolitiker Hakan Demir. Leider gebe es „immer mehr Länder, die nicht sicher sind“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Tagesspiegel. „Eine sorglose Erweiterung von sicheren Herkunftsstaaten lehne ich ab.“ Stattdessen solle man stärker mit Migrationsabkommen arbeiten, sodass Menschen, die hier arbeiten wollten und einen Arbeitsvertrag hätten, „vereinfacht zu uns kommen“ könnten.

FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle stellte sich gegen die Linie seiner Ampel-Kollegen von SPD und Grünen. „Das deutsche Asylsystem braucht dringend eine Entlastung“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten solle nun „ohne weitere Verzögerungen“ vorgenommen werden. „Erfüllen auch weitere Staaten die Voraussetzungen, sollte die Koalition sich einer Einstufung nicht versperren“, forderte Kuhle.

Asylverfahren außerhalb der EU?

Schon lange wird die Idee diskutiert, Asylverfahren außerhalb des europäischen Kontinents durchzuführen, und Migrantinnen und Migranten davon abzuhalten, die gefährliche Route über das Mittelmeer anzutreten. Großbritannien etwa hatte vor, irregulär eingereiste Asylbewerber, die es bis auf die Insel schaffen, direkt nach Ruanda abzuschieben, damit sie dort ihr Asylverfahren durchlaufen. Doch Gerichte stoppten den Plan, weil Ruanda für Flüchtlinge nicht sicher sei.

Der Sonderbevollmächtigte der Ampelkoalition für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), sagte der „Welt am Sonntag“, ein Wendepunkt könnte sein, wenn es gelänge, dass die UN durch das Flüchtlingshilfswerk UNHCR „in Drittstaaten Asylverfahren übernehmen würde und nur noch anerkannte Flüchtlinge nach Europa kämen“.

Welche Länder könnten mit dem UNHCR bei Asylverfahren zusammenarbeiten?

Allerdings ist fraglich, mit welchen Ländern die EU für ein solches Vorhaben zusammenarbeiten könnte. Migrationsexperte Gerald Knaus, der als Architekt des EU-Türkei-Deals von 2016 gilt, schlug demnach vor, dass Deutschland „Ruanda und andere Staaten dabei unterstützen“ solle, ein sicherer Drittstaat zu werden, um perspektivisch Asylverfahren durchführen zu können.

Er nannte in dem Zusammenhang auch Senegal und Marokko. Dann könnten Migrantinnen und Migranten, statt in Boote zu steigen und die gefährliche Überfahrt zu riskieren, dort auf den Ausgang ihres Verfahrens warten. Zudem plädierte Knaus für Verhandlungen mit Transitländern wie der Türkei.

Politiker von SPD und Grünen äußerten sich dazu skeptisch. Länder, mit denen die Europäische Union zusammenarbeite, müssten die Genfer Flüchtlingskonvention umsetzen, nicht nur unterschrieben haben, sagte SPD-Innenpolitiker Demir. „Ich habe Zweifel daran, dass das auf Ruanda zutrifft“, sagte er. „Länder wie Ruanda haben nicht darauf gewartet, unsere Herausforderungen zu lösen“, sagte Grünen-Europapolitiker Marquardt.

Um schneller Abschiebungen durchführen zu können, hat die Bundesregierung bei ihrer Klausur auf Schloss Meseberg beschlossen, Georgien und die Republik Moldau künftig in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten aufzunehmen. Dadurch soll laut Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die „irreguläre Migration“ begrenzt werden.

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