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Hat die Arbeitslosenstatistik vorgestellt: Bundesagentur für Arbeit.

© imago/Ralph Peters

Neue Statistik vorgestellt: Arbeitsmarkt erholt sich von der Pandemie

Die Arbeitslosenzahl sinkt im Vergleich zum vergangenen Jahr um fast 400.000. Durch die Pandemie könnte der Bedarf nach Kurzarbeit wieder deutlich zunehmen.

Der deutsche Arbeitsmarkt trotzt der Pandemie. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Dezember leicht auf 2,33 Millionen gestiegen. Das sind 12.000 mehr als im November 2021, aber 378.000 weniger als im Dezember 2020, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Dienstag in Nürnberg mit.

Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen sei schwächer ausgefallen als um die Jahreszeit üblich. Er spielt sich fast ausschließlich im Osten Deutschlands ab, wo die Arbeitslosigkeit um 11.000 Personen zunahm. Die Arbeitslosenquote blieb stabil bei 5,1 Prozent. Für die Zahlen zog die Bundesagentur Datenmaterial heran, das bis zum 13. Dezember zur Verfügung stand. Damit steht der Arbeitsmarkt deutlich besser da als nach dem ersten Pandemie-Jahr. Damals lag die Quote bei 5,9 Prozent.

„Damit hat sich die Erholung der letzten Monate fortgesetzt“, sagte der Chef der Bundesagentur Detlef Scheele bei der Vorstellung der Dezember-Zahlen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt mit 34,37 Millionen sogar auf einem Rekordhoch. Die Zahl der Minijobs befindet sich allerdings weiter deutlich unter Vorkrisenniveau.

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte, der Arbeitsmarkt sei durch die Pandemie „zwar erschüttert worden, aber wir konnten ein großes Beben abwenden“. Die Beschäftigung nähere sich wieder „dem Vorkrisenniveau“. Er wies vor allem auf den historisch niedrigen Stand bei der Jugendarbeitslosigkeit hin. Mit knapp 180.000 Betroffenen sei das Niveau so niedrig wie noch nie seit der Wiedervereinigung.

Auch die große Zahl der Erwerbstätigen sei ermutigend. „Dieser Erfolg ist dem Engagement der Unternehmen in Deutschland, aber auch dem entschlossenen Krisenmanagement der Bundesregierung zu verdanken“, sagte der Minister. „Vor allem mit dem Kurzarbeitergeld konnten wir Millionen von Arbeitsplätzen sichern.“

Rückgang der Arbeitslosigkeit könnte 2022 niedriger ausfallen

Obwohl er in den nächsten Winterwochen steigende Arbeitslosenzahlen für möglich hält, erwartet Bundesagentur-Chef Detlef Scheele trotz der Unsicherheiten zunächst keine Einbrüche auf dem Arbeitsmarkt im neuen Jahr. Allerdings könnte der Rückgang der Arbeitslosigkeit im Jahr 2022 insgesamt etwas geringer ausfallen als prognostiziert.

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Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung war von einem Sinken der Arbeitslosenzahlen um 300.000 Betroffene ausgegangen. „Wir haben keine Anzeichen dafür, dass Kurzarbeit nicht greift“, sagte Scheele. Allerdings müsse damit gerechnet werden, dass die Kosten für die Bekämpfung der Pandemiefolgen auf dem Arbeitsmarkt höher werden als erwartet.

Das zunächst prognostizierte Defizit im neuen Bundeshaushalt 2022 von rund 800 Millionen Euro müsse bereits um 400 Millionen Euro nach oben korrigiert werden. Ein ausgeglichener Haushalt sei erst wieder 2023 möglich.

Arbeitslosenquote in Deutschland seit 1992.
Arbeitslosenquote in Deutschland seit 1992.

© AFP

So ist im Dezember die Nachfrage der Unternehmen nach Kurzarbeit schon wieder deutlich gestiegen. Vom 1. bis 31. Dezember hätten Betriebe – vor allem aus dem Gastgewerbe und Handel – für 300.000 Menschen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt, sagte Scheele. Das seien doppelt so viele wie im Vormonat. Dass es erneut mehr als eine Million Menschen werden könnten, hält Scheele allerdings für unwahrscheinlich.

In der Regel wird nicht für jede Anzeige auch tatsächlich Kurzarbeit in Anspruch genommen. Realistische Daten stehen bis Oktober zur Verfügung. In dem Monat wurde Kurzarbeitergeld für 710.000 Personen gezahlt.

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In der Spitze hatte die Bundesagentur im ersten Lockdown der Corona-Pandemie im April 2020 für fast sechs Millionen Menschen in Deutschland Kurzarbeitergeld zahlen müssen. Vom Beginn der Pandemie bis Mitte Dezember 2021 wurden 42 Milliarden Euro allein für die Kurzarbeit aufgewendet.

Möglicher erneuter Anstieg der Kurzarbeit

„Noch wissen wir nicht genau, welche Folgen Omikron für den Arbeitsmarkt hat“, sagte Arbeitsminister Heil dazu. „Aber wir müssen von einem Anstieg der Kurzarbeit in den nächsten Monaten ausgehen.“ Durch die Verlängerung der Sonderregelungen bei der Kurzarbeit sei der Arbeitsmarkt für kommende Herausforderungen gut aufgestellt. „Die Alternative, nämlich die Rückkehr von Massenarbeitslosigkeit zuzulassen“, sei „ökonomisch und sozial viel, viel teurer geworden“, sagte Heil.

Zufrieden: Bundesarbeitsminister Heil.
Zufrieden: Bundesarbeitsminister Heil.

© imago images/Political-Moments

Auffällig auf dem Arbeitsmarkt: Die kurzzeitige Arbeitslosigkeit bis zu einem Jahr, geregelt im SGB III, liegt niedriger als vor der Pandemie. Dagegen stieg die Zahl von Hartz-IV-Empfängern (SGB II) im Verlauf des vergangenen Jahres deutlich – und sinkt nach den Lockdowns nur langsam. Die Beeinträchtigungen durch Corona hätten sich dorthin verschoben, urteilte die Bundesagentur.

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen erreichte im Dezember 977.000. Damit liegt sie wieder unter der Millionen-Grenze, aber noch immer fast doppelt so hoch wie vor der Krise. 42 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland sind derzeit mehr als ein Jahr ohne Job.

Arbeitgeberpräsident fordert mehr ausländische Fachkräfte

Auf der anderen Seite bremst aus Arbeitgebersicht der Mangel an geeignetem Personal die Wirtschaftsleistung. Der Fachkräftemangel sei einer der größten Bremsklötze für die deutsche Wirtschaft, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. „Viele offene Stellen können nicht besetzt und Aufträge aufgrund von Personalmangel nicht angenommen werden.“ Deshalb müssten auch mehr ausländische Fachkräfte ins Land geholt werden.

„Aufgabe der neuen Bundesregierung muss es sein, die Verwaltungsverfahren für eine gezielte und qualifizierte Fachkräftezuwanderung zu vereinfachen und zu beschleunigen“, so Dulger. „Sonst droht, dass der Fachkräftemangel zur Vollbremsung für die Innovationen und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes wird.“

Die Linke warnte davor, dass die konjunkturelle Erholung durch die vierte Corona-Welle „erneut ins Stocken“ geraten könne. Das wiederum würde auch den Arbeitsmarkt wieder belasten. Mehr Aufmerksamkeit müsse dabei dem Arbeitsplatzmangel zuteil werden, nicht nur dem Fachkräftemangel, forderte die Linken-Politikerin Susanne Ferschl. Im Dezember hätten den offiziell gezählten über 2,3 Millionen Arbeitslosen lediglich rund 794.000 gemeldete offene Stellen gegenübergestanden. (dpa/AFP/Reuters)

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